Читать книгу Selbst- und Welterleben in der Schizophrenie. Die phänomenologischen Interviews EASE und EAWE онлайн

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»Oft gehen schon lange Zeit Erscheinungen von ›Nervenschwäche‹ voraus. Die Kranken werden still, gedrückt, teilnahmslos, ängstlich, dabei reizbar und widerspenstig, klagen über […] Erschwerung des Denkens, Mattigkeit, verlieren Schlaf und Esslust, ziehen sich von ihrer Umgebung zurück, wollen ins Kloster gehen, hören auf zu arbeiten, bleiben viel im Bett liegen. Dieser Zustand der unbestimmten Vorboten kann kürzere oder längere Zeit andauern« (Kraepelin 1899, S. 160).

Die eigentliche Psychose verstand er als eine Manifestation psychischer Funktionsstörungen, der »Grundstörungen der seelischen und geistigen Leistungen«. Sie führten zu einem Verlust der »inneren Einheitlichkeit von Verstandes-, Gemüts- und Willensleistungen«. Eine Abschwächung des Wollens und eine »Zersplitterung des Bewußtseins« sei die Folge, sodass das psychische Leben einem »Orchester ohne Dirigenten« gleiche (Kraepelin 1913, S. 668–747). Kraepelin hob darüber hinaus immer wieder die »Schädigung des Gemütslebens« hervor und sprach von einer gemütlichen Stumpfheit und Gleichgültigkeit, grundlosem Lachen, einem Verlust des Mitleids, Schwinden des Feingefühls und paradoxen Gefühlen (Kraepelin 1913, S. 668). Zusammengefasst äußerte sich die »Dementia praecox« für Kraepelin in kognitiv-dynamischen Beeinträchtigungen nach Art eines persistierenden Grundsyndroms (Kraepelin 1913, S. 177). Paranoid-halluzinatorische, katatone und hebephrene Symptome stellten nur vorübergehende Überlagerungen dieses Grundsyndroms dar. Kraepelin blieb in der Ausdifferenzierung dieser Grundstörung jedoch sehr unbestimmt. Darüber hinaus fand der Frühverlauf der Dementia praecox trotz seiner eindeutigen Erwähnung insgesamt wenig Beachtung.


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