Читать книгу Selbst- und Welterleben in der Schizophrenie. Die phänomenologischen Interviews EASE und EAWE онлайн
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Jaspers’ Klassifikation hatte nachhaltigen Einfluss, insbesondere auf das Konzept der Ich-Störungen, denen bereits im Lehrbuch der Psychiatrie von Oswald Bumke (1932) ein maßgeblicher Status für die Diagnose der Schizophrenie beigemessen wurde. Kurt Schneider verwies in seiner 1950 erstmals erschienenen »Klinischen Psychopathologie« auf Jaspers’ Kriterien, stellte aber fest, dass in der klinischen Praxis de facto nur der Aktivitätssinn gestört sei (Schneider 1950/1959). Da der Begriff der Aktivität jedoch kaum auf Gefühle und spontane Gedanken angewandt werden könne, ersetzte er das Aktivitätsgefühl durch den Begriff der »Meinhaftigkeit«. Störungen der Meinhaftigkeit wurden nun gleichbedeutend mit den schizophrenen Ich-Störungen bzw. Erlebnissen der Fremdbeeinflussung. In der letzten Ausgabe von 1992 fasste Schneider Gedankeneingebung, -entzug, -übertragung und alle Phänomene »gemachter« Gefühle, Empfindungen und Handlungen unter dem Begriff der Ich-Störungen zusammen und charakterisierte sie als eine abnorme Durchlässigkeit der Grenze zwischen Ich und Umwelt. In seinem bis heute wirksamen System nahmen die Ich-Störungen den Status von Symptomen ersten Ranges für die Diagnose der Schizophrenie ein, während subtilere, prodromale Störungen des basalen Selbsterlebens unberücksichtigt blieben.