Читать книгу Die Regeln. Kodex für Radsportjünger онлайн
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Aber was ist, wenn derselbe Freund den Helmspiegel nun mal partout möchte oder wenn ihm von seinen Angehörigen eingetrichtert wurde, dass man sich erheblich weniger Sorgen um ihn machen würde, wenn er sich eine solche Monstrosität an die Rübe schraubt, ganz gleich, wie bescheuert man damit aussieht? Bittest du ihn, in Ruhe abzuwägen, ob er wirklich wie ein Depp aussehen möchte, wenn er hinterrücks von einem Sattelschlepper zermalmt wird, oder ob er in derselben Situation doch lieber nicht wie ein Depp aussehen möchte, wenn er hinterrücks von einem Sattelschlepper zermalmt wird? Wäre das ein überzeugendes Argument? Oder sagst du einfach: »Naja, dann schraub das Ding halt dran, wenn du dich damit sicherer fühlst oder wenn es dich davor bewahrt, für unbestimmte Zeit auf der Couch schlafen zu müssen, weil du den Wunsch deiner besseren Hälfte missachtet hast.«?
Ja, du kennst die Antwort. Wir müssen unsere Mit-Velominati nicht vor Lastwagen oder Autos oder ihren Ehepartnern beschützen: Wir müssen sie davor bewahren, dass sie in tadellosem Ornat fahren, das Rad akkurat geputzt und perfekt eingestellt, und das alles dann durch einen Akt des Wahnsinns verderben, indem sie zum Beispiel wegen eines subjektiv empfundenen Sicherheitsnutzens eine neongelbe Ordnerjacke (NGOJ) überstreifen oder einen Spiegel am Helm montieren. Du musst mit Nachdruck darauf bestehen, dass solche Gegenstände keinen Platz in der Garderobe oder Ausrüstung deiner Freunde haben. Bläue ihnen ein, dass man mit so etwas riskiert, von den anderen Fahrern in der Gruppe (die in solchen Fragen natürlich allesamt bereits sehr versiert sind, wenn du deine Überzeugungsarbeit im Rahmen deiner Möglichkeiten ordnungsgemäß erfüllt hast) aufs Entschiedenste zurechtgewiesen zu werden. Wenn sie dennoch darauf bestehen, bleibt dir nichts anderes übrig, als resignierend die Hände zu heben und noch mal klarzustellen, dass du an allem, was in dieser Angelegenheit noch folgen wird, schuldlos bist. In ein paar Wochen oder Monaten, wenn der Frevler seinen Fehler eingesehen hat, werden dich seine Worte des Dankes und der Entschuldigung ausreichend entschädigen. Du kannst also in Ruhe und Bescheidenheit der Dinge harren, im Wissen, dass du deinen Teil getan hast und dass die Vernunft und der gute Geschmack sich letztlich einmal mehr durchsetzen.