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Ich war froh, meine Neugierde befriedigen zu können, und ging hinaus. Als ich auf die Straße trat, traf ich einen kleinen, schon ältlichen und etwas verwachsenen Mann, der, nachdem er das Pferd in den Stall geführt hatte, mit Abladung unseres Gepäcks beschäftigt war. Er hieß, wie ich gleich erfahren sollte, Ehm, wahrscheinlich Abkürzung von Adam, und war, obwohl er nichts von Pferden verstand, im voraus dazu bestimmt, unser Kutscher zu werden. Er blieb es auch Jahr und Tag.

»Wie heißt du?« fragte ich.

»Ehm.«

»Ehm? Das habe ich noch nicht gehört. Aber sage, Ehm, was ist das, das immer so rauscht und donnert? Und dabei geht doch kein Wind und keine Luft.«

»Dat's de See.«

»Das Meer?«

»Joa, de See.«

»Wie weit ab ist es? Es klingt ja so nah.«

»Na, ne Viertelstunn. Un mitunner kümmt se bis ran und steigt hier rümm in alle Straten. Un so'n Lütting wie du, de kann denn versupen.«

Viertes Kapitel

Unser Haus, wie wir's vorfanden

Am Abend, wo wir ankamen, hatte ich einen wenig günstigen Eindruck von unserm Hause gehabt; es war mir recht häßlich, und als dann der Mond in die Fenster schien, auch sogar etwas unheimlich vorgekommen. Mit diesem Unheimlichen, wie sich bald herausstellte, hatte es denn auch seine Richtigkeit, wenigstens in dem Glauben der Dienstleute. Wenn es nachts auf dem Boden über uns unruhig wurde, hieß es: »De oll Geisler geiht wedder ümm« oder auch wohl »he kuckt wedder in all sien' Kisten und Kasten«, und wirklich, man hörte deutlich, wie die Deckel der großen Kräuterkisten auf- und wieder zugeschlagen wurden. »Das sind die Katzen«, erklärte später mein Vater, aber ich war mit dieser Auslegung nie recht zufrieden und hielt mit Vorliebe zu dem Satze: »De oll Geisler geiht wedder ümm.« Von diesem allen hatte ich, um es zu wiederholen, gleich am ersten Abend ein unbestimmtes, mich eine Weile gruselig machendes Gefühl, das noch wuchs, als der vor meiner Schlafkammer stehende Kirschbaum leise die Scheiben streifte. Aber müde von der Reise, schlief ich trotzdem ein und erschien am andern Morgen wohlgemut in der noch leeren Wohnstube meines Vaters. Hier, auf Schemeln und Küchenstühlen sitzend (denn mit Ausnahme der Betten war noch nichts ausgepackt), nahmen wir gemeinschaftlich das Frühstück, mein Vater in bester Stimmung. Als wir, es währte nicht lange, damit fertig waren, nahm er mich bei der Hand und sagte: »Nu komm, mein Junge; die andern sind noch zu klein, aber du bist schon verständig, und da wollen wir uns denn die Sache mal ansehen. Als ich Weihnachten hier war, war es so kalt, du weißt, daß der Kognak einfror, und da war denn an Inspektion nicht zu denken. Ein bißchen habe ich die Katze im Sack gekauft. Aber das tut nichts, alles im Leben bleibt unsicher, und die Geschäftsbücher stimmten.« Er sagte das meiste davon mehr zu sich selbst als zu mir, wie er denn sein ganzes Leben lang seine Konversation immer mehr nach seinem persönlichen Bedürfnis als nach der Beschaffenheit seiner Hörer einrichtete. Meistens waren es Selbstgespräche. Seine letzten Jahre verlebte er mit einer ihm seine kleine Wirtschaft führenden, ganz beschränkten Person, aber das hinderte ihn nicht, mit ihr zu philosophieren, d. h. alles, was ihm einfiel, in sie hinein zu reden.


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