Читать книгу "... es ist ein zu starker Contrast mit meinem Inneren!". Clara Schumann, Johannes Brahms und das moderne Musikleben онлайн

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Clara Schumanns stärkste kompositorische Arbeiten bilden einige Stücke für Soloklavier und Lieder, die sie vor allem für oder mit Robert schrieb. Ohne ihn gab sie das Komponieren auf. Selbst als sie ein Vierteljahrhundert später noch einmal darauf zurückkam, geschah dies nur anlässlich einer goldenen Hochzeit, denn laut Tagebuch war »guter Rath teuer, was ich ihnen schenken sollte«. Die rettende Idee kam nicht von ihr selbst, sondern von einer Tochter: »Da fiel Marien ein, ich könnte ihnen einen Marsch componiren und darin ›Großvater und Großmutter‹ Duett von Robert, anbringen. [sic] Ich gab mich daran und nach ein paar Tagen gelang es.«237

Einige der Hauptgründe, warum aus jener Zeit eher Schriftstellerinnen im Vordergrund stehen, sind zum einen, dass das Komponieren handwerkliche Fachkenntnisse erfordert, und zum anderen die literarische Publikationsmöglichkeit unter – gelegentlich auch männlichem – Pseudonym. Da zum Komponieren im 19. Jahrhundert immer auch das Interpretieren gehörte – dirigierend, singend oder ein Instrument spielend –, standen musizierende Künstler viel mehr im Rampenlicht als schreibende. Im 18. und 19. Jahrhundert gehörte es für Frauen zwar zum guten Ton, ein Instrument zu spielen, aber aus der Musik letztendlich als Komponistin einen Beruf zu machen, wäre unter ihrer Würde gewesen. Komponisten galten seinerzeit als Bedienstete. Dementsprechend trug beispielsweise Haydn im Rang eines Hausoffiziers am Hofe der Esterházys noch eine Livree. Wer mit dem zunehmenden Einfluss eines bürgerlichen Kulturlebens glaubte, als unabhängiger und freier Künstler sein Auskommen zu finden, jagte einer Fata Morgana nach. »Künstler und gar Componisten sind nun einmal in Deutschland nie so gestellt, daß sie solche Aufführung aus eignen Mitteln bestreiten könnten!«, erkannte Clara.238 Ihr Enkel Ferdinand überlieferte Überlegungen, die sie noch im fortgeschrittenen Alter anstellte: »Über das Componieren stellte Großmutter heute so ihre Betrachtungen an. Das Componieren sei nie einträglich gewesen. Der Großvater hätte nie ein Jahr gehabt, in dem er so viel durch seine Compositionen verdiente, seine Familie anständig zu erhalten. Erst Brahms und Simrock hätten die Honorare in die Höhe getrieben.«239

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