Читать книгу Hybridtheater. Neue Bühnen für Körper, Politik und virtuelle Gemeinschaften – Drei Gespräche онлайн

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Auf der Ebene von Darstellung bedeutet die Hybridisierung von Aufführungsformen die Implementierung von Feedbackstrukturen in diese – die Darstellung beginnt, sich selbst zu betrachten. Prinzipiell begann dies bereits mit der simultanen Bühne des Videobildes, das zum Beispiel in Frank Castorfs Aufführungen das aktuelle Bühnengeschehen in Echtzeit in der anderen Sichtweise des Videos zeigte. In den Stücken von internil hat diese Aufnahme in gewisser Weise schon stattgefunden und das Echtzeitgeschehen ist das Live-Reenactment der Aufzeichnung, die wiederum parallel live gestreamt und neben den Beobachter*innen im Saal auch den Follower*innen am Bildschirm zugänglich ist.

Das klassische Regiebuch als ein Meta-Skript zum Text des Stückes enthält die akribischen Notate jener vielen kleinen Entscheidungen, die den Text eines Stückes und die Einrichtungen auf der Ebene von Ton, Licht und Ausstattung auf der Bühne zur Handlung einer Gruppe von Menschen werden lassen. Auf der digitalen Ebene des Hybridtheaters schreiben die Leute im Chat das Regiebuch der Szene, das ebenfalls Handlungsanweisungen wie zum Beispiel einen Kamerawechsel in der Aufnahme des Streams beinhaltet. Das bedeutet eine Transformation des Publikums und der szenisch Handelnden – in diesem System werden sie Akteur*innen und nehmen zudem Einfluss auf das Skript des für sie partiell offen zugänglichen Geschehens. So wird unsere traditionelle Theaterwelt davon erfasst, was für Influencer*innen grundlegend und üblich ist – nämlich dass sie sich zurückmelden, dass sie Reaktionen aufnehmen, wie im „Theatersport“ und damit umgehen, dass nicht nur sie zu ihren Follower*innen kommen, sondern auch diese zu ihnen und das Environment der Mise en Scène das entsprechend vorsieht. Das Konzept der Theaterregie als Modell der zentralisierten Herrschaft und Augpunkt im Saal trifft in der Wirklichkeit unseres digitalen Zeitalters auf Strukturen, die Regie nicht mehr als einen endlichen Vorgang der Einrichtung begreifen, sondern des permanenten Mitspielens, Anwesendbleibens. Die Regisseur*innen gehen im Hybridtheater nach der Premiere nicht mehr nach Hause, sondern performen allabendlich mit im Team und öffnen das Regiebuch für andere. Das können Menschen sein, aber auch digitale Dienste, die mediale Inhalte algorithmisch vermitteln und filtern.

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