Читать книгу Die Tyrannei des Geldes. Henri-Frédéric Amiel über Besitz und Bürgertum онлайн

35 страница из 39

Dreizehn Themen kommen so schliesslich zusammen. Amiel wählt das unauffälligste von allen, Le langage et la langue maternelle, und hält am 8. Januar im Hôtel de Ville den ersten seiner zehn Vorträge. Die Sprache und das gesprochene Wort – das tönt nach philologischen Spitzfindigkeiten, nach trockenem Kästchendenken. Entsprechend lichten sich denn auch die Sitzreihen im Stadthaus schon in der dritten Januarwoche. Währenddessen hält, an einem anderen Wochentag, Kollege Victor Cherbuliez seine Vorträge zum Artusroman und zur höfischen Liebe vor brechend vollem Saal, auch bei Folge zwei, drei und so weiter bis in den März.

Cherbuliez, der Sohn des bedrängten Griechischprofessors, wird nach Paris ziehen. Amiel nicht. Es fehlt am Zwang, am Druck von aussen; zuhause wartet das weiche Ruhekissen, l’oreiller de paresse.

Amiel verdient zu wenig für ein Leben ohne Sorgen und trotzdem zu viel, als dass sich ein energischer, zupackender, selbstbestimmter Lebensentwurf aufdrängen würde. Aber was hindert ihn daran, sein eigenes kleines Vermögen zu optimieren, solange die Ehefrage offenbleibt? So wie viele seiner Bekannten hier und dort eine Anlage zu tätigen, wie ihm dies sein Treuhänder Louis Goetz immer wieder rät? Er könnte, meint Goetz, täglich ein halbes Stündchen für diese Dinge einsetzen, gleichsam mit der linken Hand die Finanzen nachführen, während er mit der rechten an einem ernsthaften Werk arbeitet. So wie dies jeder solide Haushalt handhabt, so wie Schwester Fanny es ihm täglich vorlebt: nouer les deux bouts, sein Scherflein zusammenhalten. So wie die Schwester und ihr Mann «das Gleichgewicht finden zwischen Bedürfnissen und Möglichkeiten, zwischen Einnahmen und Ausgaben». Und dabei tüchtig nutzen, was übrig bleibt. Weshalb gelingt ihm das nicht?

Правообладателям