Читать книгу Die Tyrannei des Geldes. Henri-Frédéric Amiel über Besitz und Bürgertum онлайн

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Regelmässig zum Jahresende erklingt im Tagebuch das gleiche Lied: Die Finanzen sind in Unordnung, es fehlt die Übersicht. «Mit Beschämung den wirren Zustand meiner Buchhaltung und die Unordnung meiner Kontoauszüge konstatiert», heisst es beispielsweise zu Silvester 1854. «Versäumnisse jeglicher Art in meinen Geschäften und meinen finanziellen Interessen. Alles als Folge meiner fatalen Faulheit, die alles aufschiebt, und meiner Unkenntnis bei den Methoden und Vorgehensweisen.» Manchmal reisst er sich zusammen, sortiert er seine Werttitel, setzt er sich mit Goetz und seinem Bankier Lejeune zusammen, zahlt das Bargeld ein, das sich in seiner Schublade angesammelt hat – die schmalen Honorare vom Journal de Genève, das Kursgeld für die Literaturvorlesungen, die er am Töchterinstitut der Demoiselles Maunoir hält. Aber noch viel öfter tut er nur das Allernötigste mit dem Bezahlen ausstehender Rechnungen, lässt er den Rest schleifen. Ist es der Hochmut, mit dem der geistig Tätige auf die Welt der Finanzen herunterblickt? «Geld verdienen erscheint mir instinktiv als eine schäbige Sache, die allein durch die Unterwerfung unter ein moralisches Ziel veredelt wird – zum Beispiel seine Familie ernähren, das Gesetz der Arbeit erfüllen, Gutes tun und so weiter. Ich ehre die Arbeit und heisse alle Berufe gut, aber der Handel, das Geschäft, die Bank stossen mich direkt ab, als niedrigste unter den menschlichen Tätigkeiten, als gemeinste und beschämendste.»

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