Читать книгу Auf nach Wien. Kulturhistorische Streifzüge онлайн
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»Mascherln der Straße«
Ein anderer, nicht weniger sinnlicher Aspekt spielte bei der großzügig angelegten Ringstraße eine Rolle: die visuelle Gestaltung und Verschönerung des Stadtbildes. Ab den 1850er-Jahren wurde an der Riesenbaustelle Ringstraße gearbeitet, die nach der Jahrhundertwende keineswegs vollendet war. Allerdings konnte man bereits eine große Zahl an »Sehenswürdigkeiten« bestaunen, wie Raoul Auernheimer, bekannter Feuilletonist der »Neuen Freien Presse«, feststellte. Aufmerksam registrierte er die Veränderungen der einstigen Kleinstadt, die so rasch »Carriere gemacht hat«. Auf der Suche nach der neuen, nunmehr deutlich großstädtischeren Physiognomie erkannte er in Wien, im Unterschied zu Berlin oder Paris, eine gesteigerte Vorliebe für das Schauen. Auf der Straße blicke man sich hier merkbar öfter um, man lächle und habe eine Vorliebe, so Auernheimer, für das »Mascherl«. Letzteres war für ihn, wie er im April 1907 schrieb, gleichsam das Signet der Stadt, Inbegriff des Hangs zum Schönen und zum Verschönern, egal ob bei der Toilette der Frauen oder den besonders ins Auge springenden Blumenkörben an den Lichtmasten: »Wien ist, außer Barcelona, hab’ ich mir sagen lassen, die einzige Stadt, in der die Beleuchtungsmasten mit Blumenkörben geschmückt sind. Bei Nacht wird es mit Licht beleuchtet, bei Tag mit Blumen. Und diese bunten, runden Körbe sind Gärten, winzige in die Luft gehängte Gärten, die sich hundertfach wiederholen, wenn man die Ringstraße hinunterblickt. Diese Körbe sind die Mascherln der Straße.«