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Natürlich wählten nicht alle den Selbstmord. Viele führten, wie man so sagt, ein normales Leben, jedenfalls beinahe. Andere überlebten im Gefängnis. Ein Korrespondent des «News Chronicle» schrieb, dass in Wien noch 12 000 Personen in Haft saßen und 40 000 in verschiedenen Bundesländern des ehemaligen österreichischen Staates. Also mehr, als das Wankdorf-Stadion in Bern fassen konnte, wo der Cupfinal gespielt wurde.

Die Abschweifung über Wien ist nicht der Tatsache geschul­det, dass Wien London frech die Rolle einer Fußball-Aka­demie weggeschnappt hatte, da es Wiege, Nest und Heimat des berühmten Wunderteams war, erhabener Ausdruck des klassischen Fußballs, den die Provinzler (darunter auch die Schwei­zer) stets im Blick behalten mussten. Wien hatte aufgehört, die Hauptstadt des habsburgischen Reiches zu sein, Sitz des kaiserlichen Adlers. Es war vorbei mit Österreich, Vorspeise für das Deutschland Adolf Hitlers. Vorbei mit dem großen Sindelar, dem Star des Wunderteams.

Bevor wir zum Endspiel von Bern kommen, noch eine kurze Bemerkung zu Wien. Die Gefangenen sind Diplomaten, Angehörige des Adels oder Juden. Dennoch, und ohne die geringste Ironie, konnte eine angesehene Zeitung der italienischsprachigen Schweiz, der «Corriere del Ticino» vom 29. April, einen als Leitartikel publizierten Brief aus Wien mit folgenden Worten schließen: «Der Nationalismus gibt den Österreichern panem et circenses. Genügt das nicht, um ihren Wohl­stand zu sichern und ihnen ein Gefühl grenzenloser Dankbarkeit für ihren Befreier einzuflößen?»

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