Читать книгу Aus dir wird nie etwas!. Paul Richener - vom Verdingbub zum Gemeindepräsidenten онлайн
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«Ich habe die Gegend hier lange gemieden. Wegen des Geruchs.»
Paul Richener, der Polizist, dessen Einsatzgebiet die ganze Stadt war, macht einen Bogen um das Rheinufer, das nach Kinderelend riecht, nach Verlassenheit, nach Zwängen und Hoffnungslosigkeit.
Heute werden kaum noch ungeklärte Abwässer in die Flüsse geleitet, und man kann beim Schwimmen im Rhein wieder die Steine auf dem Grund des Flusses sehen. Aber auch der Restgeruch erinnert Paul an Zwangsmassnahmen und Beamtenwillkür, an seine geraubte Kindheit. Das lässt sich nicht so einfach beseitigen.
‹Strassenkind› im Kleinbasel
Ich erinnere mich nicht, dass irgendjemand nach uns geschaut oder uns gesucht hat. Wir waren immer unterwegs. Wir hätten niemanden gebraucht, wir wären sogar nachts durchgekommen. Wir hatten keine Angst. Wir haben uns verpflegt, wir hatten unsere Kontakte.
An guten Tagen ist die Mamma schon wach, wenn der Milchwagen durch die Amerbachstrasse rumpelt. Brrr, der Milchmann hält das Pferd an und läutet die Glocke. Päuli zupft die Mutter am Nachthemd, bis sie ihm den Milchhafen mit dem abgeschlagenen Haken und ein paar Rappen in die Hand drückt. Damit saust der Vierjährige barfuss die zwei Stockwerke hinunter auf die Strasse und stellt sich hinter den Hausfrauen an. Der Milchmann pumpt die Milch aus der grossen Kanne in den Glasbehälter und giesst sie von diesem in die mitgebrachten Gefässe. Vorsichtig trägt Päuli den schweren Krug zurück ins Haus, nimmt schon mal einen Schluck, damit nichts überschwappt, bleibt auf der Treppe ein paarmal stehen, um zu trinken, und als er oben ankommt und den Krug auf den Küchentisch stellt, ist der Milchpegel deutlich gesunken.