Читать книгу Inspiration Schweiz. 70 Autoren, Künstler, Musiker, Schauspielerinnen an 70 Schauplätzen онлайн
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Mancher Schweizbesucher hatte auch medizinische Motive: Guy de Maupassant wollte seine Syphilis kurieren, Erich Kästner seine Lungenkrankheit. Beiden half ihr Aufenthalt in Leukerbad und Agra nicht, und der alkoholkranken Zelda Fitzgerald nicht die (damals noch sehr rüde) Therapie in der Klinik von Les Rives de Prangins. Arbeitsmigranten gab es auch schon in der Vergangenheit. Hegel, Fichte und Hölderlin kamen als Hauslehrer hierher, Gottfried Semper als oberster Baumeister der Schweiz. Somerset Maugham war während des Ersten Weltkriegs Agentenführer in einem Land, das «vor Spionen wimmelte». Schliesslich lockte die spektakuläre Kulisse immer wieder Filmregisseure in die Berge, während Casanova – wen wunderts – überall nur Venushügel sah.
Nicht jeder war und nicht jede wurde glücklich in der Schweiz. «Oh Gott, welch ein wundervolles Land», rief Charles Dickens aus, Rousseau wurde sein Exil auf der St. Petersinsel zur «glücklichsten Zeit» seines Lebens. Aber in der Schweiz lache nie jemand, bemängelte Ingeborg Bachmann. Selbst die Gebildeten könnten nicht dialektfrei sprechen, monierte Somerset Maugham, Alphonse Daudet schimpfte über schlechten Service und diebische «Saaltöchter», Gottfried Semper störte sich am Gremienwesen und daran, dass jeder «Wicht» sich in seiner «Nullität» den Bedeutendsten ebenbürtig dünke. Auch die Berge gefielen ihm nicht, sie verstellten bloss die Aussicht.