Читать книгу "Alljährlich im Frühjahr schwärmen unsere jungen Mädchen nach England". Die vergessenen Schweizer Emigrantinnen. 11 Porträts онлайн

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Seit 1969 wohnt Annetta in einem weiss getünchten Haus in Dollis Hill, auf einem Hügel im Nordwesten von London. Von ihrem Wohnzimmer aus sieht Annetta auf die Stadt. An den Wänden hängen Aquarelle vom Familienhaus im Tessin und eine Farb­fotografie von Dangio, von der anderen Talseite aus aufgenommen. Auf dem kleinen Sofatisch liegt ein italienisches Buch – «Le terme di Acquarossa» – über die Thermalquelle im Bleniotal.

Annetta schaut oft zu den Fenstern hinaus, auch in der Nacht, auf die Lichter von London. Diese Weite und die Aussicht sind ihr wichtig. Sie erinnern sie an das Bleniotal. Auch Dangio liegt an einem Hang.

Cima Norma

Zu Hause in Dangio mussten Annetta und ihre drei Geschwister viel helfen, wie alle Kinder im Dorf. Putzen, bügeln, Gemüse rüsten; Kastanien sammeln. Die Eltern hatten zwei oder drei Kühe, Schweine, Hühner, ein paar Kaninchen. Die Kinder beklagten sich jeweils, wenn sie im Herbst wieder auf die Greina hinaufmussten, um die Kühe zu holen, ein Weg dauerte fast fünf Stunden. «Wir wollten lieber spielen. Wir waren glück­liche Kinder, weil wir viel Freiraum hatten zum Spielen.» Das Dorf war voller Kinder, etwa zwölf waren im gleichen Alter wie Annetta. Vor Weihnachten oder vor dem Muttertag – Fiesta della Mama, sagt Annetta – sassen die Mädchen zusammen und stickten für ihre Mütter. Die Familienbande waren eng, «sehr eng», einer stand für den andern ein: die vier Geschwister, die Mutter, der Vater. Der Kontakt zur Familie, zum Dorf ist eng geblieben. 1955 ging Annetta nach England, seither ist sie jedes Jahr einmal nach Dangio zurückgekehrt.

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