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Uns bleibt nur noch, wenn wir an Martis Plakaten vorbeischleichen, an Hakle- und Rifle-Ärschen vorbeipromenieren, die Frage: Ist es dasselbe Tschick, das hier seinen Hintern so verkauft wie Marti sein Hirn, oder sind es deren zwei? Und mit aller Macht versuchen wir dann jeweils, unsere Emotionen abzubauschen, und führen zu diesem Zweck immer einen Wattebausch mit uns, damit wir nicht in Bausch und Bogen überfahren werden von unseren Gefühlen.

Ihr lieben Durchlauferhitzer der Kauflust und Kaufwut, ich möchte hier nicht ein bestimmtes specimen eurer Gattung vertrampen und darüber die Gattung vergessen, Marti ist nicht schlimmer als die andern, nur quicker. Reklame ist hierzulande allgemein doof, das neue ADC-Jahrbuch beweist das, da hilft euch keine Geistreichelei. Vielleicht war sie einmal besser. Ich glaube mich zu erinnern, dass Herbert Leupin in den fünfziger Jahren eine gewisse Eleganz zustande brachte, und wenn es auch nur im Dienst von Coca-Cola war. Vielleicht war der Konkurrenzkampf damals noch nicht so hart, und es war noch eine Art von Gelassenheit möglich und weniger Gschaftlhuberei. Aber heute in diesen euren Kreisen: Da liegt die Ästhetik im Clinch mit der Warenästhetik. Erquickender Scherz, Witz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung sind nicht möglich im Dienste von Möbel Pfister oder Wohnland oder Tivolino, euer genre und eure Arbeitgeber gestatten nur Gags, Flips, Flops. Denn der wirkliche Humor ist bekanntlich unberechenbar und befreiend, könnte den Konsumismus gefährden. Vergesst eure literarischen Ambitionen, solange ihr dieses Gewerbe betreibt, und verputzt ruhig euren Lohn chez Max oder chez Agnes oder chez Mireille, in der BLAUEN ENTE oder im GRÜNEN ARSCH und in der toskanischen Zweitresidenz, solange der Stutz in derart rauhen Mengen auf eure Konten niederprasselt. Es ist ja wirklich interessant, wie schnell auch die unbegabtesten Pörschtlis und Maitlis in eurer Branche zu Geld kommen und wie rasant sie, quer durch die Werbelandschaft, via Radio-24-TV-Spots und Rincovision, in die Höhe katapultiert werden. Es gibt zwar ein paar Talente in euren Kreisen, aber wie schnell sind sie verhurt! Einen kenne ich, der macht Käsereklame, und siehe da, wirklich, an seinen Wörtern konnte man sich delektieren, man bekam nicht nur Lust auf Emmentaler, sondern auch auf weitere Kostproben seiner Sprache. Wie könnte sich dieses Talent entwickeln, wenn es sich, ausser vom Käse, noch von andern Objekten inspirieren liesse. Wenn der schnelle Mann einmal nicht mehr den Stutz, sondern nur noch eine Sache im Auge hätte, für die sich sein Herz erwärmt. Aber es soll halt Leute geben, ihr lieben Einpeitscher und Vorsteher des guten Geschmacks, welche von Existenzängsten befallen werden, wenn sie im Monat weniger als 20'000 Franken verdienen.

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