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Alberto Nessi
Nächste Woche, vielleicht
Roman
Aus dem Italienischen von Maja Pflug
Limmat Verlag
Zürich
Vorgestern, von meinem Denkmal hier auf dem Friedhof der Freuden, habe ich dich gesehen. Du hast meinen steinernen Arm betrachtet, der die Fackel hält, die Bronzemedaille mit der Widmung der Klasse der Stuckateure, den Fries mit dem Lineal, dem Zahnrad und dem Zirkel, die zwei Hände, die einander drücken.
Viele haben damals oben im Barrio Alto, im Büro der Arbeitervereinigung, die Totenwache bei mir gehalten, in Calçada dos Paulistas. Und mich dann hier auf die Hügel begleitet. Etwa tausend Arbeiter, die Frauen waren auch dabei. Und jedes Jahr am Ersten Mai kamen sie mich besuchen, mit Fahnen und einem Karren voller Blumen, und mittendrin mein Porträt.
Jetzt bist du hier. Was hat dich wohl bewegt, mich zu besuchen? Das Licht zu verlassen, dem du wie ein durstiger Hund über die Hänge hinterherläufst in dem Tal, wo ich geboren bin? Das Wasser zu verlassen, eingezwängt in Schluchten, wo im Winter, wenn das Laub von den Bäumen fällt, im Talgrund das nackte Gestein zum Vorschein kommt? Das Dorf, wo du dich eingesponnen hast, um dich in Seide aus Wörtern zu hüllen? Was treibt dich, es deinen Landsleuten gleichzutun, die vor dir in die Welt hinausgezogen sind? Sehnsucht nach nicht gelebtem Leben?