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Im programmatischen Referenzgemälde Mein Atelier – Courbet gewidmet knüpfte er an das wegweisende Werk von Gustave Courbet (1819–1877) an, einem der bedeutendsten französischen Künstler des Realismus und begeisterten Sozialisten. „An seiner Biografie fesselte mich, daß er sich zum Sozialismus bekannt und aktiv in die Politik eingemischt hatte, dadurch war er mir nahe.“2 Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Idee der alten Künstlerwerkstatt durch ein neues Konzept ersetzt, in dem das Atelier zu einem Ort der individuellen und kollektiven Geisteshaltung wurde.3 In seinem Gemälde Das Atelier des Künstlers ssss1 präsentierte sich Courbet dem Betrachter an einer Landschaft malend in der Mitte der Komposition und bekannte sich zur Natur und zum Realismus sowie zur Darstellung wahrhaftigen Lebens. Er erweiterte das konventionelle Motiv des Künstlerateliers gleichzeitig zu einem allegorischen Netzwerk, das auf Gegensätzen basiert: Kunst und Alltag, Kultur und Natur, Elend und Schönheit.4 Die entkleidete weibliche Figur unmittelbar hinter dem Künstler symbolisiert die moderne „nackte Wahrheit“, auch nuda veritas genannt, der sich der Maler in seiner Kunst hingibt. Während links vom Künstler Vertreter aller Gesellschaftsgruppen versammelt sind, platzierte Courbet in der rechten Hälfte des Gemäldes seine Gleichgesinnten und die sein Schaffen Schätzenden. Er selbst nimmt den Platz des Vermittlers zwischen den beiden Gruppen ein und definiert zugleich seine soziale Funktion als Künstler in der Gesellschaft.5

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