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Gegen die Geste einer temporären Inaugenscheinnahme setzt man in Halle (Saale) seitdem auf Nachhaltigkeit und Kontinuität: Im Jahr 2018 eröffnete das Museum eine Dauerausstellung unter dem Titel Wege der Moderne. Kunst in der SBZ/DDR 1945–1990 ssss1 als Fortsetzung der 2017 grundlegend überarbeiteten Sammlungspräsentation zur Kunst des 20. Jahrhunderts. Leitbildhaft und im schroffen Gegensatz zu den Ausgrenzungen in den frühen Phasen des Bilderstreits bekennt sich das Museum zu seiner „regionalen und historischen Verortung und präsentiert die Kunst in der zweiten Jahrhunderthälfte fokussiert auf die vielfältigen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten in der ehemaligen SBZ/DDR“2. Eng verbunden zeigte sich diese Perspektiverweiterung mit einer Rückbesinnung auf jene Künstler, die Halle (Saale) seit den späten 1940er und 1950er Jahren in den Augen des Dresdner Kunsthistorikers Fritz Löffler (1899–1988) zur „vitalsten Stadt“3 in der ostdeutschen Kunstlandschaft gemacht hatten, bevor dann viele Künstler im Zuge des unsäglichen (und in der Saalestadt auf heftigste Weise eskalierenden) Formalismus-Realismus-Streits die DDR in Richtung Westen verließen. Es ist verständlich, dass die nachholende Thematisierung des Verdrängten eine psychosoziale Dimension erhielt, die dem musealen Engagement zusätzlich eine moderierende, fast schon therapeutische Funktion zuwies. Die Moritzburg wurde zu einem Modellfall, der zeigte, wie die den ostdeutschen Künstlern zugefügten Kränkungen zu heilen wären – durch Wissen, Neugier und öffentliche Präsenz.

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