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Nach dem Eklat um ein paar Skizzen von Strandgut in Ahrenshoop während einer Studienfahrt der Klasse Ulrich Knispels im Mai 195145 übernahm Sitte die Grundlehre von Knispel, der entlassen wurde und nach West-Berlin ging. „Das ging jedoch nur kurze Zeit gut, denn ich führte das, was Knispel gemacht hat, fort.“46 Eine Abordnung der Staatlichen Kunstkommission kam aus Berlin und überprüfte den Unterricht. „Wir probierten gerade verschiedene Methoden und Materialien aus, die geeignet sind, um Oberflächenstrukturen wiederzugeben und beschäftigten uns mit Dingen wie einer abgenutzten Bürste, einem Fußabtreter, einer toten Ratte oder Haaren. […] Wie Knispel wurde auch mir Formalismus vorgeworfen, und ich wurde vom Unterricht suspendiert“, allerdings nicht entlassen. Sitte blieb „ein Angestellter ohne Portefeuille.“47


Als Autodidakt ohne abgeschlossenes Studium in der auf förmliche akademische Abschlüsse und Studiengänge fixierten DDR hatte sich Sitte in eine zusätzliche Abhängigkeit von den Hochschul- und Parteigremien begeben. „Ich wurde Professor, aber es geriet in Vergessenheit, dass ich eigentlich keine Unterlagen beibringen konnte, etwa ein Studium absolviert zu haben, das hatte ich ja nicht.“48 Auch wenn er wegen seiner antifaschistischen Verdienste als Partisan möglicherweise fehlende Diplome kompensieren konnte, gab sein Status als Autodidakt unter Funktionären und Kollegen Anlass, ihm bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit vorzuwerfen, er habe gar keine abgeschlossene akademische Ausbildung und könne nicht einmal richtig zeichnen.49 Ständig musste er sich von Verbandsdelegationen aus der Hauptstadt sagen lassen, dass er „erst mal richtig zeichnen lernen sollte, eh ich diesen Quatsch nach Picasso und den sogenannten Modernismen mache.“50

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