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Utopie und Zweifel

Von der Schwarz-Weiß-Zeichnung herkommend, hatte Sitte sich um 1960 bereits einen eigenen sachlich-konstruktiven Stil und eine breite malerische Palette erarbeitet. Seine Bilder zeugen von den „Mühen der Ebenen“, aber mehr noch vom Glauben und der Hoffnung auf das Gelingen des Sozialismus. Seine künstlerische Sprache zeichnet sich aus durch nüchterne Dynamik und verhaltenen Optimismus.72 Seine Akte sind voller Innigkeit, aber auch voller Lebensfreude, der Alltag wird humorvoll und gelassen geschildert mit modischen Accessoires bis zum Petticoat, den liebevoll ausgearbeiteten Rockfalten (z. B. Frauen auf der Straße (Passantinnen), 1961)73 und einem Grammophongerät am Ostseestrand, bedient von kraftvollen, nackten Frauen (Akte mit Plattenspieler, 1962). Solange Sittes Glaube an die Zukunft des Sozialismus seiner Kunst die entsprechende Spannung und Dynamik verlieh, war sie in sich stimmig und begründete im besten Sinne einen neuen Sozialistischen Realismus à la DDR, also eine Kunst, in der die Gesellschaft sich selbst erkennen und sich wiederfinden konnte auf dem Weg zum gar nicht fernen Ziel des Kommunismus, den Nikita Chruschtschow (1894–1971) in seiner Rede auf dem XXII. Parteitag der KPdSU 1961 zum letzten Mal für das Jahr 1980 versprochen hatte. Das Neue Deutschland zitierte am 20. Oktober 1961 diese Parteitagsrede mit konkreter Terminansage auf seiner Titelseite: „Zuerst würde es die Grundnahrungsmittel umsonst geben, dann würde man Miete und Strompreise und schließlich das Geld überhaupt abschaffen. Jeder könnte sich dann im Laden aus der Überfülle des Angebots soviel mitnehmen, wie er brauchte. […] Der Unterschied zwischen körperlicher und geistiger Arbeit würde verschwinden. Die Arbeit sei dann nur noch Lebens- und Glückserfüllung.“74

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