Читать книгу Die entkoppelte Kommunikation. Warum wir immer mehr wissen, aber immer weniger verstehen онлайн

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Der Frage nach der Kommunikationsverantwortung gilt in Anbetracht unbegrenzter Kommunikationsmöglichkeiten ein Hauptaugenmerk des Buchs, nicht zuletzt deswegen, weil wir in vielfältiger Hinsicht eine Spaltung der nationalen Gesellschaften, aber auch der so oft herbeigeredeten oder -beschworenen „Welt-Gesellschaft“ mit teilweise einander unversöhnlich gegenüberstehenden Positionen erleben.

Dass wir nolens volens allerdings alle auch verantwortliche Mitspieler auf dem großen Schachbrett des Lebens und Gelebtwerdens sind und unser Scherflein zum Gelingen oder Misslingen des großen Ganzen beitragen, sei eingangs mit Nachdruck hervorgehoben. Einen archimedischen Punkt außerhalb des Schachbretts gibt es nicht.

Einleitung: Nichts ist älter

als die Zeitung von heute

Die Kommunikation, nicht nur in der persönlichen, gesellschaftlichen, wissenschaftlichen oder politischen Interaktion zwischen Individuen ein Phänomen mit immenser Tiefenwirkung, sondern auch in Kaffeekränzchen und am Stammtisch wesentlich Mittel zum Zweck der Selbstvergewisserung gegenüber dem eigenen Ich und gegenüber dem anderen, ist zum Selbstzweck mutiert, zu einem lukrativen, auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Geschäft im Zeitalter der PR-Profis, der systematischen Digitalisierung aller Lebens- und Arbeitsbereiche und der von multinationalen Großkonzernen beherrschten omnipräsenten sozialen Medien. Information, Meinungsbildung und Unterhaltung, die elementaren Komponenten von Kommunikation, amalgamieren täglich zu Informationstsunamis der Massenmedien einerseits und zu Selbstdarstellungsorgien in den individualisierten Jedermann-Medien andererseits – mit einer zunehmend überbordenden Gewichtung des Unterhaltungs-Faktors, der sich nolens volens auch die Information und die Meinungsbildung einverleibt, nicht selten begleitet von hysterisch anmutenden Erregungsschüben eines aufgeputschten Publikums. Nicht zu vergessen auch die oftmals verzerrende Wirklichkeitsdarstellung der interessengeleiteten Spin-Doctors, die jedwede professionelle und semi-professionelle Kommunikation in Medien jeglicher Art von der Realität des Essenziellen entkoppelt – hinein in ein virtuelles Kaleidoskop des Halbwissens, des Unwissens, der Halbwahrheiten, der Unwahrheiten, der Gerüchte, der Belanglosigkeiten und der Banalitäten. Scheinbar häufen wir in diesem Kaleidoskop immer mehr Wissen an, ohne überhaupt noch unterscheiden zu können, was wahr und was unwahr, was richtig und was falsch, was Fakt und was Fake ist, verlieren in diesem Irrgarten der Wahrnehmungen zunehmend den Überblick und verstehen deswegen notwendig immer weniger von den großen Zusammenhängen unserer Existenz auf diesem Planeten. Schon Sokrates musste in seiner Welt vor 2.500 Jahren konstatieren: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Eine Einsicht, die wir heute modifizieren müssen: „Je mehr ich zu wissen meine, desto weniger verstehe ich.“

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