Читать книгу Die entkoppelte Kommunikation. Warum wir immer mehr wissen, aber immer weniger verstehen онлайн

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Klar, dass auch die Herstellung stetig neuer Wahrheit, vulgo Information als essenziellem Bestandteil einer auf Gewinnmaximierung gepolten Unterhaltungsindustrie, zu der auch die Medien gerechnet werden müssen, diesem Wirtschaftsprozess inhärent ist. Und innerhalb der Unterhaltungsindustrie gilt nur die Information als gut, die auch neu ist und unentrinnbar Aufmerksamkeit auf sich zieht: Nichts ist nämlich älter und langweiliger als die Zeitung von heute. Manche Medien und Werbeingenieure schaffen das mit grenzverletzender Skandalisierung von einfachen Sachverhalten, denn der Skandal gehört zum „modernen“ Kommunikationsgeschäft mit dazu.

Auch der wissenschaftliche Diskurs, per se revolutionär in seinen sich stetig fortschreibenden experimentellen, mathematisch naturwissenschaftlichen oder philosophisch epistemologischen Erkenntnissen und damit verbundenen sich wandelnden Welt- und Menschenbildern, trägt sein Scherflein zu dieser Unterhaltung bei. Wissenschaftler jedweder Fakultät und Disziplin werden nolens volens zu Medienstars gehypt und damit Agenten der Unterhaltungsindustrie, die sie gelegentlich sogar mit Verve, aber vergeblich kritisieren. Auch die Kritik an der Unterhaltungsindustrie wurde nämlich problemlos dem Katalog eines umfassenden Unterhaltungsangebots einverleibt und zum informativen, meinungsbildnerischen „Must know“ des Konsumenten stilisiert. Wer Kritik übt, je pointierter, desto besser, passt gut ins Bild einer Empörungskultur, die sich letztlich nur und ausschließlich dem Ego ihrer Protagonisten verpflichtet weiß. Wusste Max Weber noch von einer Verantwortungsethik, die persönliche Verbindlichkeit einfordert, getreu dem Motto: Wer antwortet, verantwortet, so wird – nicht nur in der Kommunikation – Verantwortung heutzutage zur unverbindlichen Floskel, fernab jeglicher Verpflichtung, aus einem Irrtum oder gar einer Verfehlung auch Konsequenzen zu ziehen. „Erlaubt ist, was der Richter nicht ausdrücklich verbietet“, lautet das Credo der Unterhaltungs-Aktivisten, die der Augenblicks-Ökonomie ihr eigentliches Momentum verleihen.

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