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Zu den Hunderten von Pilgern, die für das Fest auch heute noch den Weg nach Riace antreten, gehören traditionell auch Mitglieder der Volksgruppen der Roma und Sinti. Bis vor wenigen Jahrzehnten kamen viele von ihnen schon zehn oder zwölf Tage vorher ins Dorf und schlugen in den Wäldern und auf den Feldern in der Umgebung ihre Zelte auf. Meine Mutter lud diese Gläubigen regelmäßig zu uns nach Hause ein, sie hieß sie willkommen, sie bot ihnen Unterkunft, sie unterhielt sich mit ihnen, sie lachte und scherzte mit ihren Kindern und Frauen: Das war der Grund, warum man sie im Dorf »die Freundin der Roma« nannte.

Am 25. September finden zwei parallel ablaufende Prozessionen statt, die die spannungsvolle Erwartung noch weiter erhöhen: Die eine beginnt an der Wallfahrtskirche und die andere in der Mutterkirche im Dorf. Hier werden die Standbilder der Heiligen aus ihrer Altarnische herabgelassen und auf einem Podest hinaus unter die schon wartenden Gläubigen getragen. An der Wallfahrtskirche hingegen versammeln sich Roma und Sinti mit ihren traditionellen Kleidern und Instrumenten unter Tänzen und Gesang. Am Morgen des 26. kommen die Zigeuner ins Dorf, und die beiden Prozessionen vermischen sich miteinander und geleiten die Heiligen gemeinsam ins Zentrum von Riace. Es ist ein großes, buntes Durcheinander: Speisen und Votivgaben werden dargeboten, Kinder sitzen auf den Schultern ihrer Väter und versuchen, die bunten Mäntel der Heiligenstatuen zu haschen, die Luft ist erfüllt von Gebetslitaneien und Gesängen, vom Klang der Tamburine und Akkordeons, von immer wieder aufbrandendem Applaus und von den Fürbitten der Gläubigen. So wird dieses Fest zu einer einzigartigen Gelegenheit, die Völker im Glauben zu versöhnen. Am letzten Tag dann, dem 27. September, nimmt die Prozession den umgekehrten Verlauf, und das Fest geht mit einem Feuerwerk zu Ende. Die Heiligen kehren zu ihrem Platz in der Kirche zurück, und auch die Roma und Sinti reisen wieder nach Hause.

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