Читать книгу Das Dorf des Willkommens онлайн

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Ich dachte zuerst, er mache Witze, doch kurz nach der Wahl wurde ich zufällig Zeuge, wie meine Mutter ihm bittere Vorwürfe machte, weil er seinem eigenen Sohn die Stimme versagt hatte. Seine Antwort war schlicht: »Ach, das wäre doch Vergeudung gewesen! Die sind doch alle völlig verrückt. Sie wollen einfach nicht einsehen, dass die Welt ist, wie sie ist …«

Mein Vater war vor seiner Pensionierung Lehrer gewesen und hatte sein ganzes Leben im Schuldienst verbracht. Die Antwort war typisch für ihn, doch sie verletzte mich trotzdem sehr. Wir gerieten in Streit, es fielen böse Worte, der Graben zwischen uns vertiefte sich. Kurz darauf endete mein erstes Wahlabenteuer mit einer Niederlage: Unsere Liste erhielt nur sehr wenige Stimmen, ich selbst nur zwei. Mein Vater hatte recht behalten.


Es ist viel geschehen in diesen 20 Jahren zwischen 1995 und 2014, als mir zunächst mein Vater und später dann mein Sohn, die beide den Namen Roberto Lucano tragen, die rote Karte zeigten, weil sie anders dachten als ich. Über familiäre Divergenzen hinaus zeigt es, wie tief die Gräben in der Region Kalabrien sind und wie sich von Generation zu Generation die Überzeugung verfestigt, dass an den Verhältnissen nicht zu rütteln ist, dass dieser zu Mafia-Abhängigkeit, Armut und Arbeitslosigkeit verdammte Landstrich für immer bleiben wird, wie er ist.

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