Читать книгу CHANGES. Berliner Festspiele 2012–2021. Formate, Digitalkultur, Identitätspolitik, Immersion, Nachhaltigkeit онлайн
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Am deutlichsten offenbarte sich die Idee einer kreolisierten Musik in Sound Is Where Drums Meet, in dem tief verwurzelte Welttraditionen implizit miteinander verschmolzen (die Sheng, ein chinesisches Instrument mit durchschlagender Zunge, eine Art Mundorgel, ist mindestens dreitausend Jahre alt). Das Stück war jedoch keineswegs eine ethno-musikwissenschaftliche Übung; vielmehr bedienten sich die Interpret*innen einer experimentellen Lingua franca, die von zarten Klangfarben bis hin zu furiosen Anfällen im kollektiven Pandämonium reichte und mich in manchen Momenten an Duos von Max Roach und Cecil Taylor erinnerte. Nicht weniger beeindruckend war Existence lies In-Between, Cox’ Beitrag zum Ensemble-Modern-Programm. Dabei handelt es sich um eine vollständig notierte Partitur, die den Interpret*innen dennoch Freiheiten lässt. So wird beispielsweise die Bassklarinette manchmal aufgefordert, „wild, frei, jazzig“ in der Art von Marshall Allen, dem langjährigen Saxofonisten des Sun Ra Arkestra, zu spielen. Cox’ Stil könnte man als dynamischen Pointillismus bezeichnen, bei dem hingehauchte Instrumentalgeräusche in klagende Glissandi übergehen, um im Ansturm rasender Figurationen zu kulminieren.