Читать книгу CHANGES. Berliner Festspiele 2012–2021. Formate, Digitalkultur, Identitätspolitik, Immersion, Nachhaltigkeit онлайн

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CP:Eine Frage der Ehrlichkeit?

WK:Nein, es ist nichts Moralisches, nur die praktische Frage des Ausgangspunkts. Das Inauthentische interessiert mich ohnehin mehr, das Ich rückt schnell in den Hintergrund. Meinen Film Felix in Exile

CP:… in dem Ihr gezeichnetes Alter Ego die Hauptrolle spielt …

WK:… habe ich deshalb begonnen, weil ich es mochte, dass die Wörter im Titel fast ein Anagramm sind. Ich hatte nicht vor, etwas über die Entfremdung oder Einsamkeit einer Person zu machen. Mir gefiel einfach das Buchstabenspiel, der Anblick der beiden Wörter untereinander.

CP:Ihre Familie stammt aus Litauen, Kentridge kommt von Kantrovich. Sie wuchsen als Nachfahre jüdisch-osteuropäischer Migrant*innen in Südafrika auf, wie hat das Ihre Arbeit geprägt?

WK:Ich bin am Rand der Gesellschaft aufgewachsen, nicht im Zentrum, mit dem Bewusstsein, dass die Geschichte turbulent verläuft und dass wir mit vielen Traditionen verbunden sind, nicht nur mit einer. Deshalb misstraue ich allen großen Theorien, bin skeptisch gegenüber Autoritäten. Ich halte die Welt für provisorisch und für absurd. Diese Respektlosigkeit entsteht fast von selber, wenn man ständig bemerkt, wie sehr sich die tatsächlich erlebte Welt von dem unterscheidet, was die Autoritäten über sie behaupten. Über die Minderwertigkeit eines Teils der südafrikanischen Bevölkerung zum Beispiel: Es ist vollkommen irrational, dass dein Schicksal von deiner Hautfarbe abhängt. Oder die Behauptung, unsere siebenjährige Dürre wäre von Frauen verursacht worden, die Miniröcke tragen und damit die Götter erzürnen. Wie gesagt, absurd!


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