Читать книгу Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie – Studienausgabe. Herausgegeben und ergänzt um Aufsätze, Primärbibliographie und Nachwort von Matthias Bormuth und Martin Vialon онлайн

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Es gab noch eine andere Seite des vergilischen Werkes, die eine natürliche Verwandtschaft mit dem MinnesangMinnesang, und gerade zu seinen späteren, stärker reflektierenden Formen begründete: das ist der Roman der DidoDidoroman. Das Altertum hat den sentimentalischen und ans Übersinnliche streifenden Liebesbegriff, den der Minnesang schuf, nicht gekannt; es ist in der Darstellung der Liebe, die ihm der mächtigste der Triebe, aber doch nichts als ein Trieb war, natürlicher, unpersönlicher und kälter – selbst der Liebeswahnsinn ist in der Antike nicht gefühlvoll. Die Geschichte Didos in der Aeneis macht eine Ausnahme, oder vielmehr sie bereitet die spätere Wandlung vor. Das Persönliche, Sentimentalische und Romanhafte ihrer Liebestragik stand der hohen Minne weit näher als etwa die Liebesdichtung OvidsOvid – zugleich aber wendet die Wirkung der Geschichte Didos den Minnesang zurück zum Konkreten und Persönlichen. Im Neuen Stil war von dem eigentlichen Gegenstand, der Liebe, kaum noch etwas Wirkliches übrig geblieben, sie verbarg sich vollkommen unter Abstraktionen und war so stark sublimiert, daß ihre Substanz sich verflüchtigte; die Episode von Francesca da RiminiFrancesca da Rimini konnte nur ein Dichter schreiben, dem das vierte Buch der Aeneis den Schlüssel solcher Kunst gegeben hatte.

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