Читать книгу Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie – Studienausgabe. Herausgegeben und ergänzt um Aufsätze, Primärbibliographie und Nachwort von Matthias Bormuth und Martin Vialon онлайн

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Die Art, wie dies geschieht, ist jedoch keineswegs die deduktive. Es wird keinerlei Theorie oder Prinzip an die Spitze der Untersuchung gestellt. Kein Leser kommt wohl auf den Gedanken, daß die Untersuchung «Mimesis» überschrieben sein könnte,8 und man wird auch erst zum Schluß auf den Titel verwiesen. Für die Darstellung im ganzen ist charakteristisch, daß alle ihre Gedanken an eine Anschauung anknüpfen, die aus dem Eindruck einer Quelle, eines literarischen Textes hervorgeht. Denn jedes Kapitel nimmt seinen Ausgangspunkt von einem Text, der dem Leser im Original – und sofern es sich um antike oder mittelalterliche Texte handelt, im Interesse des erhofften gebildeten Publikums auch in Übersetzung – mitgeteilt wird. Diese Texte erfüllen dieselbe Funktion wie Illustrationen in einem kunsthistorischen Werk und wirken wie von der Darstellung abstreifbare, auch in sich ruhende Bilder oder Zeichnungen. Kennt man das ganze Buch, so wird man verschiedene Kapitel miteinander vergleichen, aufeinander beziehen, miteinander einen wollen, aber man kann auch jedes für sich lesen wie ein Gebilde sui generis, das lediglich aus seinem eigenen Gestaltungsprinzip heraus verstanden werden kann. Und in den Interpretationen treten die Kraft der ästhetischen Phantasie, die freie Beweglichkeit des Autors, der keinen Terminus zur Schablone erstarren läßt, sich jeder neuen Aufgabe differenzierend anpaßt und jeden Text bis in seine feinsten inhaltlichen wie stilistischen Nuancen und Abschattungen zugliedert, auf das glücklichste hervor: vergessene oder selten gelesene Texte wie Ammianus MarcellinusAmmianus Marcellinus, Gregor von ToursGregor v. Tours werden dank der stets unpolemischen, lautlosen und diskreten Meisterschaft des Autors lebendig, andere, wie PetroniusPetronius, werden nicht nur vorzüglich interpretiert, sondern mit einer Eleganz und Delikatesse in die Berliner Mundart übertragen, deren HeinseHeinse, N., hierin schwerfällig, nicht fähig gewesen wäre.

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