Читать книгу Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie – Studienausgabe. Herausgegeben und ergänzt um Aufsätze, Primärbibliographie und Nachwort von Matthias Bormuth und Martin Vialon онлайн

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ISBN 978-3-7720-8756-1 (Print)

ISBN 978-3-7720-0154-3 (ePub)

Einleitung

Überblickt man die Laufbahn von Erich Auerbach (1892–1957), die 1921 mit der Schrift Zur Technik der Frührenaissancenovelle in Italien und Frankreich begann, um 1957 mit dem Buch Literatursprache und Publikum in der lateinischen Spätantike und im Mittelalter zu endigen, so merkt man, wie früh ein stetiger Plan, ein fester Wille sich gebildet hatten, und wird in der stets erkennbaren Verkettung seiner Hauptmotive die ganze Richtung jener so faszinierenden philologischen und schriftstellerischen Kraft, die ihm mitgegeben war, vorausbestimmt sehen. «Das Fach, das ich vertrete, die romanische Philologie», sagt er in einem seiner Aufsätze, «ist einer der kleineren Äste vom Baum des romantischen Historismus, der gleichsam im Vorübergehen die Romania als Sinnganzes erlebte.» Und er selbst bildete eins der echten Lebenszentren der Romanistik, als deren Gegenstand ihm mehrere trotz der gemeinsamen Romanität verschiedene und durch das gemeinsame Substrat der antikisch-christlichen Gesinnung auch mit dem deutschen verbundene Völker galten. In sich selbst und an seinem persönlichen Beispiel stellte er das «perspektivische und historische Bewußtsein vom Europäertum» klar vor uns hin, mit gleicher Intensität die antike und mittelalterliche wie die letzten Formen moderner Literaturen umfassend. Daß in dem Maß, in dem die Erde zusammenwächst, die synthetische und perspektivische Tätigkeit sich erweitern müsse, und daß der «rasch fortschreitende Ausgleichsprozeß», «der Zerfall der inneren Grundlagen nationalen Daseins» den Begriff der Weltliteratur zugleich verwirklichen und zerstören müsse, war ihm selbst in seinen letzten Jahren bewußt. In dem späten Aufsatz Philologie der Weltliteratur merkt man, wie eine Reihenfolge neuer Eindrücke ihn aus dem europäischen Kreis, in dem er sich bisher bewegt hatte, in neue und unbekannte Weiten zu locken schien. Auf dem Höhepunkt seiner Produktion, am Abend seines Lebens sah er eine neue Strömung ihren Ursprung nehmen, und zurückblickend auf sein in sich abgeschlossenes, in der Größe des Entwurfs, in der einheitlichen Grundrichtung, die er von Anfang an festgehalten hat, vollendetes Werk wandte er sich noch neuen Fragen und neuen Aufgaben zu, die eine veränderte Lage stellen. Die Erde, nicht mehr die Nation, schien ihm die «philologische Heimat» zu werden.

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