Читать книгу Fachdidaktik Englisch - Fokus Literaturvermittlung. Eine hermeneutische Analyse von Lehrwerken der gymnasialen Oberstufe онлайн

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Fasst man […] das intertextuelle Bewusstsein, die Detailbeobachtungen inklusive der Deutung des Titels sowie den Umgang mit narrativer Offenheit allgemein als philologische Kompetenz zusammen, so kann man festhalten, dass diese bei den fünf expert teachers in fast allen Unterbereichen stärker ausgeprägt ist. Kurzum: Die philologische Beweisführung der erfahrenen Lehrrkräfte übertrifft quantitativ und qualitativ die der Novizen. Die ist insofern überraschend als das Anglistik-Studium der novice teachers, das auch ein literaturwissenschaftliches ist, kurz vor Abschluss steht, während das der Experten zum Teil Jahrzehnte zurückliegt. (Hohwiller 2020: 63; vgl. auch ebd. 109)5

Ganz so überraschend ist dieser Befund denn doch nicht: Ein weiterer Blick in die fachdidaktische Praxis der Lehramtsausbildung offenbart, dass „sich [literaturdidaktische, JM] Publikationen, aber auch studentische Seminar- und Staatsexamensarbeiten, kaum mehr mit der literarischen Grundanalyse und Interpretation eines spezifisch zu behandelnden Textes auseinander[setzten]“. Stattdessen wendeten sie „das inzwischen vielfach ausdifferenzierte Methodikrepertoire der kreativen, produktiven, handlungs- und ergebnisorientierten, bisweilen noch analytisch ausgerichteten Verfahrensschritte“ (Volkmann 2017: 217, Herv. JM). Folglich erscheint schon hier die literarische Sachanalyse des zu vermittelnden literarischen Gegenstandes hintangestellt – ein sinnstiftendes Interpretationsverfahren, mit dem Lehramtsstudierende an einen literarischen Text herangehen und dies als fremdsprachliche wie auch hermeneutische Handlungskompetenz später in den Unterricht einbringen, wird nicht einmal mehr erwähnt. In Konsequenz ist zu erwarten, dass es den zukünftigen Lehrkräften schwerfallen wird, sich selbst auf die Literarizität von ästhetischen Texten einzulassen und einen Grundbestand an deren spezifischen Merkmalen (Form, Fiktionsmarker, Strukturelemente, Diskurstechniken) später an die Schüler:innen weiterzugeben. Literaturtheoretische Modelle und darauf aufbauende Lektüreverfahren spiegeln die Vielfalt der Möglichkeiten unterschiedlicher Textannäherungs und -aneignungsformen wieder. Ihre Kenntnis ist daher insbesondere für eine solide Lehramtsausbildung von hoher Bedeutung. Daraus resultiert häufig der Vorwurf einer zu theorielastigen Orientierung literaturwissenschaftlicher Seminare, die ihre Rechtfertigung aber aus der Vieldeutigkeit von literarischen Texten bezieht.6

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