Читать книгу Tausend Kilometer Süden. Eine Erzählung vom Radfahren in den Bergen онлайн
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Zwischen den anderen sitzt auch Rufus mit an dem kleinen, runden Tisch auf seinem knarzenden Korbstuhl. Jedenfalls knarzt er dann, wenn mein alter Weggefährte zu einer seiner Anekdoten ausholt, und davon kennt er eine Menge, und seine Erzählungen reißen ihn auch heute wieder so mit, als steckte er noch mittendrin in einer dieser Affären, die er in die Runde wirft. Seine Beine zucken, als wäre er noch immer am Pedalieren, und seine Arme rudern umher, dass jeder sofort sieht, dass hinter diesen Geschichten eine Leidenschaft steckt, wie sie einigen Radfahrern eigen ist – besonders dann, wenn sie das eine oder andere Abenteuer erfolgreich bestanden haben. Und das hat er, Rufus, das kann ich bezeugen und von Glück sagen, dass ich hie und da mit von der Partie war und er insofern auch unsere gemeinsame Geschichte erzählt, so wie ich es nie erzählen könnte.
Und endlich ranken sich die Wortbeiträge um den Col Agnel, einen der höchsten asphaltierten Übergänge, welche die Alpen zu bieten haben. Dieser Pass soll einzigartig sein und Frankreich von Italien wie eine Messerklinge teilen. Und manches Beeindruckende findet zudem noch Erwähnung, auch wenn ich hinterher nicht mehr genau weiß, was es denn mit ihm darüber hinaus noch auf sich hat, aber er sei ein Muss sozusagen. Allein die Nennung seines Namens vermag in diesem Kreis die Fantasien ungeheuer zu beflügeln, so dass selbst ich, dem besagter Col bloß ein vager Begriff war, am Ende zur Überzeugung komme, dass es insgeheim ein lang gehegter Traum von mir war, diesen legendären Pass mit dem Rad zu überqueren. In meiner Vorstellung wird es eine grandiose Auffahrt werden, wenn wir uns nach sechshundert Kilometern entweder im Abendrot des zweiten Tages oder unter dem zauberhaften Sternenzelt der zweiten Nacht von Osten her zum Pass hochschrauben bis auf 2744 Meter – daran kann es überhaupt keinen Zweifel geben. Und angesichts so viel berauschender Schönheit wirkt es angezeigt, gleich nochmals vom berauschenden Angebot an regionalen Kaltgetränken Gebrauch zu machen, was der Angelegenheit weiteren Schwung verleiht.