Читать книгу Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands онлайн

21 страница из 96

Demungeachtet waren die Römer ein viel zu praktisches und welterfahrenes Volk, um nicht das Großartige des deutschen Wesens zu empfinden und über den totalen Gegensatz zu erstaunen, in welchem dasselbe zu der übrigen alten Welt gestanden. Und wir können dieses Erstaunen nur teilen, wenn wir aus den wenigen bis auf uns gekommenen Zügen jener Zeit in der Tat schon die Physiognomie und sittliche Grundlage des Rittertums erkennen, das nachher, als es durch das Christentum erst seine Weihe und rechte Bedeutung erhalten, ganz Europa regenerieren sollte.

Es ist zunächst der erfrischende Hauch eines unverwüstlichen Freiheitsgefühles, der uns aus jener schönen Waldeinsamkeit entgegenweht. Zwar bestand eine Gliederung jedes Stammes in Adel, Freie und Dienstmannen unter einem erblichen Fürsten oder Könige. Aber wie der wahrhaft Freie überall die Freiheit ehrt, so waren auch die Dienstmannen weder Leibeigene noch Sklaven im römischen Sinne; der Adel hatte größtenteils nur Ehrenrechte, und die Gewalt des Fürsten war sehr beschränkt, da ihm das wirksamste und gefährlichste Organ derselben, das Recht des Blutbanns und des Heerbanns fehlte. Denn der Krieg wurde vom versammelten Volk und Adel beschlossen und bei dessen Ausbruch jedesmal ein besonderer Heerführer (Herzog) erwählt, und ebenso durften Todesurteile nur von einem gleichfalls von Volk und Adel gewählten Priester der Nation gesprochen und festgesetzt werden. Überdies hatte jeder Freie das Recht, in den allgemeinen Volksversammlungen bewaffnet zu beraten. Jeder also fühlte sich als ein lebendiges Glied des Ganzen, und die ganze Nation war ein zu Schutz und Kampf bereites Heer von Wehrmannen (Germanen), die jederzeit den Tod unbedenklich einer schimpflichen Gefangenschaft vorzogen.

Правообладателям