Читать книгу Kunst des Lebens, Kunst des Sterbens. Wie wir den Traum von Ich und Welt mit Achtsamkeit, Mitempfinden und offenem Gewahrsein meistern und befreiende Luzidität erlangen können онлайн

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Weil aber unser Geist seiner Natur nach eigentlich frei ist und all seine Wahrnehmungen und Gedankenkonstrukte ebenso natürlich vergänglich sind, ist es in jedem Augenblick theoretisch möglich, aus dem nur scheinbar wirklichen Traum des jeweiligen Zeitgeists und aus dem ihn begleitenden Denken zu erwachen und plötzlich luzide zu werden. Wenn wir im Traumzustand glauben, gleich in einen Abgrund zu stürzen, geschieht häufig, durch die Todesangst ausgelöst, ein Erwachen zu momentaner Luzidität (vom spätlateinischen luciditas für »Helle, Klarheit«), und wir erkennen, dass wir gerade träumen. Auch steht unser Denken völlig still, wenn wir durch etwas plötzlich geschockt sind oder wenn wir im Tiefschlaf, in einem Zustand tiefer und seliger Entspannung, alle Träume und Gedanken von Ich und Welt völlig vergessen.

Luzidität und Freiheit von Gedanken sind uns als Erlebnisformen demnach möglich, aber unser ganz normales, menschliches Problem besteht darin, dass wir momentan entweder wach sind und angespannt vielen Gedanken folgen, oder wir beginnen zu entspannen, finden etwas geistige Ruhe und werden dabei aber schläfrig und verlieren das Bewusstsein. Wir pendeln gewissermaßen zwischen den beiden Extremen Bewusstsein und Unbewusstheit, und in beiden mangelt es uns an Luzidität. Wegen dieses Mangels ist Bewusstsein üblicherweise spannungsgeladen und wirkliche Entspannung eigentlich nur durch den Verlust des Bewusstseins möglich.

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