Читать книгу Mit dem Klapprad in die Kälte. Abenteuer auf dem Iron Curtain Trail онлайн

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Angesichts einer offenen Rechnung und eines kaputten Rads war es leider keine Option, sich im Morgengrauen davonzustehlen. Stattdessen schlich ich nach Schande und Asche stinkend zu seiner Werkstatt, ziemlich sicher, dass der Mann im Overall, mit dem er davor wartete, nur gekommen war, um ihm dabei zu helfen, ein wenig gesunden Menschenverstand in mich hineinzuprügeln. Wieder einmal hatte ich die Freundlichkeit der Finnen gegenüber Fremden und, wie ich stark vermute, Raijas Fähigkeiten, sie von Ferne zu entfachen, unterschätzt. Harri war ein Hobbymechaniker mit kräftigen Armen und geduldigem Auge, der nach 40 Minuten sorgsamen Feilens und roher Gewalt Kurbel und Tretlager wieder vereint hatte. »Ist okay jetzt für ein paar Kilometer«, sagte er, während er sich zur Feier eine Zigarette ansteckte. Er nahm einen tiefen Zug, dann gestattete er einem winzigen Anflug von Belustigung, über seine ölverschmierten Züge zu huschen. »Ihnen ist wohl ein bisschen heiß in der Hose?«

Es waren 50 Kilometer bis zur nächsten Stadt, auf einer Straße, die, wie Harri mir versicherte, nach den Schneefällen der vorigen Nacht unpassierbar war. Ein Bastelfuchs macht noch lange keinen Wetterfrosch: Ich schaffte es in weniger als fünf Stunden nach Kuhmo und betrat nur leicht von Schneematsch bekleckert das einzige Hotel am Platze. Mein Zimmer war ein Mikrokosmos finnischer Städte im Allgemeinen: sauber, fade, freudlos. Aber ich wusste diese Eigenschaften sehr zu schätzen. Es ist normalerweise nicht meine Gewohnheit, am Telefon zu weinen, sofern es nicht der Tierarzt ist, aber in letzter Zeit waren meine Anrufe daheim häufig von wimmerndem Selbstmitleid und anderen, wenig erbaulichen Bekundungen der Einsamkeit des Langstreckenklappradfahrers geprägt. Man hätte es meiner Frau nachgesehen, hätte sie mich angeherrscht, mich gefälligst zusammenzureißen. Stattdessen kam sie mit unserem Sohn nach Kuhmo, um mir für ein paar Tage Gesellschaft zu leisten, im Gepäck frische Windeln, meine Schmusedecke und neue Formulare einer Lebensversicherung, die offenbar einer dringenden Unterschrift bedurften. Bis zu ihrer Ankunft stand mir ein erzwungener Ruhetag bevor, den ich weitgehend damit verbrachte, einen zusammengekehrten Berg schmutzigen Schnees sich sehr langsam über den Hotelparkplatz zurückziehen zu sehen und froh zu sein, nicht in Kuhmo leben zu müssen.

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