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Die ModeMode ermöglicht einen „sozialen Gehorsam“, der zugleich „individuelleindividuell DifferenzierungDifferenzierung“ ist. Die Menschen fügen sich in ein kulturelles Muster ein, ohne dass dazu Befehl und Gehorsam vonnöten wäre. Diese kongeniale Überbrückung der feindlichen Gegensätze gelingt der Mode durch:

 den unbekümmerten Umgang mit Inhalten, Motiven und Überzeugungen,

 durch ihren zeitlichen – transitorischen – Charakter: „Das Wesen der ModeMode besteht darin, dass immer nur ein Teil der Gruppe sie übt […]“ – wenn die Mehrheit auf den Geschmack der jüngsten Mode einschwenkt, ist die Mode längst weiter,

 durch ihre „völlige GleichgültigkeitGleichgültigkeit gegen die sachlichen Normen des LebensLeben, Lebens-, -leben“.41

In ihrem Hang zum Hässlichen und Extravaganten dokumentiert die ModeMode sowohl diese IndifferenzIndifferenz als auch den vermeintlichen Wagemut gegenüber den anderen. Zugleich aber schützt die Mode noch den extravagantesten Auftritt vor dem peinlichen Reflex, den das Ich potenziell bei der Zurschaustellung seiner/ihrer selbst erleidet: der Scham. Ich muss mich nicht schämen, weil es alle anderen – auch – tun. Ich muss mich nicht rechtfertigen, ein Lacanianer, eine Poststrukturalistin oder ein Kulturwissenschaftler zu sein, denn es gibt andere, ich bin Teil eines Trends, einer Mode, die mich schützt. Das gilt übrigens auch für das scheinbare und schiere Gegenteil von Bekleidung: die Nacktheit, die sich als Aura des Natürlichen oder der sexuellenSexuelle, das, sexuell Befreiung seit der letzten Jahrhundertwende großer Beliebtheit erfreut. So ist das Nacktbaden am mediterranen Nudistenstrand (wo es von der ansässigen Bevölkerung bestenfalls toleriert wird, was den Reiz, anders zu sein, beträchtlich erhöht) oder in der Wiener Lobau eine Mode der longe durée, der ich mich anschließen kann (oder nicht), womit sich der Anschluss an eine kulturelle Gruppe eröffnet, die sich als progressiv und sexuell nicht prüde begreift.

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