Читать книгу Die Tyrannei des Geldes. Henri-Frédéric Amiel über Besitz und Bürgertum онлайн

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La gêne, die Bedürftigkeit. Alle Einträge Amiels bezeugen es: Der ärgste Feind des Geistesarbeiters war nicht die nackte Armut. Die Armut stellte die Betroffenen vor ein Entweder-oder, stellte eine existenzielle Herausforderung dar: Man rappelte sich hoch, oder man endete in der Gosse. Was den jungen oder älteren Professor, was den Redaktor oder Künstler lähmte, das war die tägliche Rechnerei, das Schielen auf das Haushaltbuch und den monatlichen Abschluss. Amiels Tagebuch findet vielerlei Ausdrücke dafür: Rappenspalterei, la préoccupation du centime, das unübersetzbare boursicotage, das Scharwenzeln rund um die Geldbörse. Vor allem aber: la gêne, die Bedürftigkeit, die Bedrängnis, die Klemme. Wer als geistig Schaffender, als Literat in dieser Klemme sass, war verloren, war unfrei, auch wenn er sich freier Künstler nannte. «Die Freiheit wird zur Knechtschaft, wenn sie andauernd gegen die Bedürftigkeit kämpfen muss», heisst es im Journal intime vom März 1866. «Diese ängstliche Sorge um jeden Rappen, diese zwanghafte und erzwungene Sparsamkeit – was ist sie, wenn nicht erniedrigendste Sklaverei?»

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