Читать книгу Die Tyrannei des Geldes. Henri-Frédéric Amiel über Besitz und Bürgertum онлайн

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Suis-je une femme enfin ou suis-je une statue?

Seule, pourquoi faut-il que le désir me tue?

Stellvertretend für die Gesellschaft blieb der homme de lettres offen für Fragen und mögliche Antworten. Er suchte neue Wege in der Welt des Geistes und neue Furten durch die Strömungen der aktuellen Philosophie – anders als der Geistliche, der sonntags von der Kanzel die Gewissheiten des protestantischen Kanons verkündete. Aber was Amiel im Haushalt von Schwager Franki Guillermet täglich vor Augen geführt bekam: Die Genfer Kirche bot mehreren Dutzend Pfarrern ein anständiges Auskommen, eine behagliche Existenz im gutbürgerlichen Rahmen. Welche Möglichkeiten blieben dagegen dem Intellektuellen, der sich genauso wie Franki als Diener des Wortes sah, nur in einem weiter gesteckten Rahmen? Der Lehrstuhl an der Académie, den der junge Amiel mit so grossen Hoffnungen übernommen hatte, erwies sich immer deutlicher als harter und ungepolsterter Sessel. Es gab zahlreiche Verpflichtungen neben den eigentlichen Vorlesungen, Sitzungen über Lehrpläne, Examen und Ernennungen; beim Institut national genevois blieb das Sekretariat der Abteilung Literatur an Amiel hängen. Keine dieser Aufgaben wurde entschädigt. Es blieben einzig das Jahresgehalt für die Professur und der Anteil an den Semestergeldern, das verhasste casuel. Denn diese Sporteln waren völlig ungewiss und hingen ab von der Anzahl eingeschriebener Studenten; diese wiederum schwankte je nach Attraktivität des Kursthemas. Oft kam zum jährlichen Grundgehalt von 2000 Francs nur ein lächerliches Trinkgeld hinzu. «Mon casuel académique du semestre d’hiver est réduit à rien», notiert das Tagebuch mehr als einmal.

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