Читать книгу Die Tyrannei des Geldes. Henri-Frédéric Amiel über Besitz und Bürgertum онлайн

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Im Journal de Genève erschienen gelegentlich auch die Abhandlungen und Rezensionen Amiels, aber im Journal intime ist jede Erwähnung Fazys grundiert von tiefem Misstrauen, ja von Hass. Zwar anerkannte Amiel das génie révolutionnaire des Politikers und zollte den Radikalen eine Art grollenden Respekts. Die konservative Seite könne vielleicht – so Amiel – Form und Tradition für sich beanspruchen, aber Kraft, Idee, Konzept fänden sich allein beim Radikalismus, auch wenn sie eine unheilvolle Zukunft verhiessen. «Bei unseren Radikalen sagen mir weder die Personen noch die Grundsätze zu. Bei den Konservativen schätze ich die Menschen, aber nicht ihre Maximen.» Fazy selbst war in seinen Augen ein zynischer Volksverführer, der «unter dem Deckmantel der Demokratie die Fahne der Lüge hisste». Seine Verehrer, die fazylâtres, waren verantwortlich für die Verrohung der politischen Sitten: Blutsauger, gewissenlose Karrieristen.

So wie Amiel dachten viele Genfer, die von Naturell oder Erziehung her zum vieux Genève der Konservativen neigten. Entsprechend brachten sie durchwegs das Regime Fazy mit dem radikalen Umbau in Verbindung, der das neue Genf schuf. Dabei hatte bereits Kantonsbaumeister Guillaume-Henri Dufour, genialer Kartograf und zwei Mal Oberbefehlshaber der Schweizer Armee, die ersten Weichen gestellt. Der «Ring», der nach der Entfestigung auf ehemaligem Schanzengebiet einen Gürtel von Strassen, neuen Wohnquartieren, Parks und Plätzen brachte, war noch unter dem konservativen Regime konzipiert worden. Zur Umsetzung aber brauchte es die harte Hand des Machers Fazy. Die nach dem Schanzenabbruch erschlossenen Grundstücke wurden an die Meistbietenden verkauft. Mit dem Ertrag – und öffentlichen Anleihen in für die Schweiz ungewöhnlicher Höhe – finanzierte das neue Regime Brückenbauten, ein Wasserkraftwerk in der Rhone und selbst ein Kasino. Dieser cercle des étrangers, prominent an der Seefront gelegen, galt den Konservativen als Inbegriff des vulgären neuen Genf der Emporkömmlinge und Glücksritter.

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