Читать книгу Auf nach Wien. Kulturhistorische Streifzüge онлайн
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Nun waren Künstler und Intellektuelle in ihrer auditiven Sensibilität und Durchlässigkeit gewiss Ausnahmeerscheinungen, jedenfalls aber waren die Ohren der Stadtbewohner in der Sommerfrische mit einem akustisch völlig anderen Ambiente als in der Stadt konfrontiert. Allerdings war von Ruhe bisweilen nicht viel zu bemerken. Die Geräusche der Landarbeit, vor allem der Tiere am Bauernhof, forderten so manche großstädtischen Ohren heraus. In einem launigen Artikel beschrieb der Feuilletonist Eduard Pötzl die ihn quälenden »Landplagen«: von der Grille, die pausenlos zirpt, dem Nachbarhund, dessen Geheul nicht enden will, bis hin zur lautstark muhenden Kuh und dem frühmorgens krähenden Hahn. Und er war nicht der Einzige, der sich darüber beschwerte.
So war es paradoxerweise oft genau umgekehrt: Stellte man – etwas vereinfacht – Stadt und Land im Sommer akustisch gegenüber, war eine deutliche Lärmumkehr zu erkennen. Die Sommerfrische erwies sich mit ihren vielen Gästen und den ungewohnten Lauten der Natur mitunter als unruhiger als die still und entleert zurückgelassene Großstadt. Zufrieden stellte ein Daheimgebliebener über Wien fest: »Aber eines Vortheiles genießen wir wenigstens in der sommerlich todten Stadt: Sie ist ruhiger geworden. Wo man sonst vom tausendstimmigen Straßenlärm halb taub wurde, ist es nun still und stumm.«