Читать книгу Beichte in der Nacht. und andere Geschichten von der Liebe онлайн

5 страница из 19

Der Länder Reichtum lässt sie sich entfalten,

Und dröhnend steht sie da, die Industrie …»

Es gibt ein französisches Sprichwort, dessen Sinn etwa ist, dass es wohl bessere Dinge gibt, aber dass diese teurer zu stehen kommen. Das Komitee, auf Vorschlag des Finanzdelegierten, sprach dem Dichter des Festspiels nur dreihundert Franken zu. Für dreihundert Franken waren die Verse ausgezeichnet. Und da sie außerdem noch gesungen werden sollten, im Chor, so waren die Worte gleichgültig. Sie wurden ja doch pantomimisch dem Publikum nähergebracht.

Aber zu einer Pantomime gehört unbedingt jemand, der etwas von der Bewegungskunst versteht. Waiblikon, wo das kantonale Musikfest stattfinden sollte, war ein großes Städtchen, ein Städtchen, das Bedeutung hatte: denn die Migros hatte eine zweite Ablage errichtet, Waiblikon hatte einen Eheberater, der zugleich Nervenarzt war, und als letzte Errungenschaft hatte Fräulein Elisabeth Varnhagen eine Tanzschule eröffnet. Sie ließ dicke Damen exerzieren, um ihnen eine verlorene Schlankheit wiederzugeben, sie gab Kurse im Kaufmännischen Verein und im Arbeiterturnverein … Sie war politisch neutral und darum wohlgelitten. Zu Fräulein Varnhagen kam nun eines Tages Johann Kehrli, der Dichter, und brachte das Festspiel. Ob man das nicht tanzen könne?, fragte er und übergab sein Manuskript. Elisabeth war um einen Kopf größer als Johann, sie war sehr schlank, hatte schlichte blonde Haare, die ein wenig in die Stirn fielen, und einen gut trainierten Körper. Sie las die Verse, fand sie schlecht, aber sagte es nicht. Wozu Menschen unnötig kränken? Ihr Großvater war ein großer Diplomat gewesen, und diplomatische Eigenschaften scheinen die Tendenz zu haben, die Erbmasse zu verändern …

Правообладателям