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II. Freiheit

Flachmaler Siegrist

Im Auftrag von Herrn Laug, dessen Malergeselle er ist, laugt Herr Siegrist das dunkelbraune Haus ab, das wir bezogen haben. Er wird, sagt die Mutter, den kratzend scharfen Gestank des Salmiakgeists entschuldigend, die natürliche Holzfarbe ans Licht holen und die Balken mit einem Firnis schützen. Für mich braucht der Gestank keine Entschuldigung, denn ich liebe und bewundre Herrn Siegrist; jeden Morgen erwarte ich sehnlich sein Kommen. Er pfeift oder singt auf der Leiter, die er von der Hausterrasse über die Veranda hinweg an die Südfront gelehnt hat. In Schwaden Salmiakgestanks weit oben zwischen den Fenstern der Schlafzimmer schrubbt er mit Schwamm und Bürste.

Kaum stehe ich unten auf der Terrasse und schaue zu ihm hinauf, hält er inne, dreht sich um und ruft: Grüss dich, Ernstli, hast du gut geschlafen? – Ja, gebe ich zur Antwort, doch wissen Sie, ich bin schon lange auf. Haben Sie auch gut geschlafen, Herr Siegrist? – Wunderbar, sagt er, heute ist so recht Kinderfestwetter, da schafft einer doppelt so gern. – Aber das Kinderfest ist schon vorbei, gebe ich zur Antwort, und Mutti bittet Sie in einer halben Stunde zum Znüüni. – Oh! – Herr Siegrist schnalzt mit der Zunge –, merci, und richte deiner Mama aus, wir werden bis dahin den Giebel heruntergewaschen haben. Er wendet sich wieder der Wand, Schwamm, Bürste und Kessel zu und produziert, «Vo Lozäärn gäge Wäggis zue» oder «Im Aargöi sind zwöi Liebi» pfeifend, kratzend scharfen Gestank.

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