Читать книгу Dada. und andere Erinnerungen aus seinem Leben онлайн

7 страница из 24

Da war einmal Borstle, ein Mann von der anziehenden Hässlichkeit einer rassenreinen Bulldogge. Er war klug und gab uns Geschichte, und seine Stunden waren richtige Vorlesungen. Es hieß, er bereite sich fünf Stunden vor, um uns eine Stunde zu geben. Am Abend nahm er uns oft auf sein Zimmer, das in einem kleinen Turme lag, und dann las er uns Maupassant vor, uns wenigen, die gut Französisch konnten, und bei Maupassant findet man allerlei, auch Sachen, die nicht «ad usum Delphini» sind. Wir waren keine Kronprinzen, und für Prüderie hatten wir nichts übrig. Borstle hatte eine Art, die Pointen vorzulesen – ein wenig atemlos, so als müsse er ein Gelächter unterdrücken –, die unwiderstehlich war. Wir lachten, und er kicherte mit. «L’histoire», sagte er, «de ce … de ce cochon de Morin.» Dann erzählte er uns Witze, uralte Jahrgänge, aus den Anekdotenbüchern des französischen siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts – und zu jener Zeit verstand man es, auch das Gröbste so zu sagen, dass es wirkte wie das geschickte und bunte Ballspiel eines Jongleurs. Etwas haben wir von ihm gelernt, von Borstle, nämlich: eine gewisse Vorurteilslosigkeit, eine trockene, unsentimentale Einstellung zum Erotischen. Bei mir hat sich seine Lehre zu dem Satz auskristallisiert: «Erotische Komplikationen sind immer unfruchtbar.» Ob es stimmt, weiß ich nicht. Tatsache ist ja, dass fast alle Romanschriftsteller, so die Mittelmäßigen, immer einen großen Schmu mit der Liebe treiben. Es gibt doch noch andere, interessantere Dinge, oder?

Правообладателям