Читать книгу Der Staubwedel muss mit. Prosa онлайн

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Was für ein flottes Hemd du hast! Was für ein flotter Bub du bist, ach mein Mäuschen Maximilian! Aus dir wird mal ein flotter Oberministrant!, sagte sie am Sonntag zu mir, bevor ich in die Kirche zum Ministrantendienst ging. Flott, wie ich dieses Wort hasste. Das Wort «flott» flutschte angepasst und widerstandslos durchs Leben. Es hatte keine Ecken, keine Kanten. Es kam darin kein knirschendes K, kein bremsendes R, kein verlangsamendes H vor. Flott. Ogottogott! Ich wollte nicht an­ständig, ich wollte nicht tüchtig, ich wollte, verdammt noch mal, nicht flott sein.

Noch heute höre ich Mutter, wenn mein Blick an meinem Spiegelbild hängen bleibt, zu mir sagen: Nein, Maximilian, das geht nicht, das macht mir Sorgen. Wie läufst du herum! Schämst du dich nicht? Dein Hemd, es hat Flecken. Deine Hose, abgewetzt und ausgewaschen. Und deine Schuhe, das sind keine Schuhe, das sind Latschen! Geh in die Stadt zum Schild und kauf dir was Flottes!

Frau Deiss

Ein Bett, ein Bad und drei Mahlzeiten – das ist schon alles, alles, was man braucht zum Leben, wer mehr braucht, leistet sich Luxus, sagt sie. Und sie braucht mehr: einen Bleistift, Papier, die Bibel. Auch einen Stuhl und einen kleinen Tisch. Morgens liest sie, schaut aus dem Fenster; nachmittags schreibt sie, schaut aus dem Fenster. Ihre Hände sind gekrümmt, ihre Füsse auch. Sie sitzt im Rollstuhl, gehen kann sie nur mit Mühe. Gicht, sagt sie. Den Bleistift schiebt sie in eine Lücke zwischen den hakenförmigen, geröteten Fingern. Sie hält ihn mit sanftem Druck. Die Schmerzen wären sonst unerträglich. Beim Schreiben wackelt der Bleistift. Im Geheimen, durch die Hand verdeckt, entstehen die Buchstaben. Zum Vorschein kommen grosse, zitterige Wesen, jedes ein Kunstwerk. Vor dem Nachtessen faltet sie das Blatt. Es ist auf beiden Seiten beschriftet, und es vibriert vor Lebendigkeit. Umständlich schiebt sie das Blatt in ein Couvert. Ein Brief pro Tag, sagt sie. Meine Freundinnen sollen wissen: Ich lebe.

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