Читать книгу Der Staubwedel muss mit. Prosa онлайн

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Herr Hartmann

Ins Gedächtnistraining geht er nicht. Er sagt: Ich bin so nachtragend. Besser wäre eine Methode, die gezieltes Vergessen möglich macht.

Frau Heri

Um die Kanarienvögel in der Cafeteria kümmert sich kaum einer. Natürlich: Der Käfig wird geputzt, die Vögel werden gefüttert, machen keineswegs einen verwahrlos­ten Eindruck. Doch selten bleibt jemand vor ihrem Käfig stehen, wendet sich ihnen zu, spricht mit ihnen. Nur Frau Heri sitzt den ganzen Tag im Rollstuhl neben dem Käfig, träumt davon, ein Vogel zu sein. Kein Kanarienvogel, um Himmels willen, nein! Vielleicht ein Spatz. Oder noch viel lieber einer dieser Distelfinken, die nie allein, sondern immer paarweise im Innenhof auftauchen, leicht wie Schmetterlinge durch die Luft fliegen, sich an Gräser und Blütenstengel krallen und genau zu ahnen scheinen, wie hoch sie hinaufsteigen dürfen, damit die Gräser und Stengel beim Samenpicken nicht einknicken.

Herr Wechsler

Der Wille allein hilft nicht. Die Krankheit hält ihn fest im Griff, drückt ihn nieder, zwingt ihn, sich wieder ­hinzulegen. Aus Erschöpfung zieht er sich in sich selbst zurück, in seine Erinnerungen. Während er auf dem Bett liegt, geht er durch Wände. Er spaziert durch sein Leben wie durch eine Landschaft, besucht Wohnorte und Ar­beitsplätze, begegnet Menschen. Manchmal ist die Sicht schlecht, nebulös; was einst vertraut war, zeigt sich nur schemenhaft. Und dann gibt es diejenigen Momente, wo auf einen Schlag alles hell erleuchtet erscheint, weil eine Einzelheit zur Leuchtkugel wird. Beispielsweise der kleine weisse Sarg, von seinem Vater am Martinstag auf der Schulter durch die Hintergasse des Dorfes getragen, darin das ungetaufte Kind, seine Schwester.

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