Читать книгу Der Staubwedel muss mit. Prosa онлайн

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Ist ihr Sohn, nach wochenlangen Unterbrüchen, bei ihr zu Besuch, schenkt sie ihm zum Abschied jedes Mal ein Taschentuch: Man muss das hergeben, woran man selber am meisten hängt. Sie tut es feierlich, trägt das Taschentuch auf der flachen Hand zu ihm, nicht ohne vorher einige Tropfen Lavendelöl oder Franzbranntwein darauf getröpfelt zu haben, manchmal auch noch ein paar Tropfen Weihwasser. Hier, nimm, tief einatmen; das tut dir gut, das erfrischt dich! So verschiebt sich langsam, Stück für Stück, ihre Taschentuchsammlung in seine Wohnung, in seinen Schrank. Lila, lindengrün, erikaviolett. Und er glaubt, dass sie erst dann sterben wird, wenn ihre Nachttischschubladen leer sein werden.

Trudi

Gestern Nachmittag, als ich mit meinem Enkel um drei Uhr in die Cafeteria kam, sah ich meine Freundin Martha allein an einem Vierertisch sitzen. Sie stocher­­te mit der Gabel in einem Erdbeertörtchen – und beim Näherkommen fielen mir ihre verweinten Augen auf und die verschmierte Wimperntusche. Noch nie hatte ich Martha weinen sehen. Es musste etwas Schreckliches passiert sein. Ich musste sie aus dem Netz, in dem sie gefangen schien, herausholen. Ich setzte mich zu ihr und fragte: Martha, was hast du? Warum weinst du? Sie umklammerte meine Hand, zog mich zu sich, strich mir über mein Haar und flüsterte, um Fassung ringend: Weisst du, Liebes, heute ist mein Geburtstag. Alle haben es vergessen, selbst meine Kinder, nur ich habe daran gedacht!

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