Читать книгу Wenn Sie kein Feigling sind, Herr Pfarrer. Werner Kriesi hilft sterben онлайн
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«Seht zu, dass euch niemand einfange durch die Philosophie.» In den Jahrhunderten vor Augustinus hatten die Heidenphilosophen der Stoa und des Epikureismus weder den Tod durch eigene Hand noch die Hilfe dazu verdammt. Im Gegenteil, sie unterstützen ihn als einen Ausweg, eine offene Tür, wenn etwa ein Kranker so leidet, dass er es nicht mehr auszuhalten vermag. Augustinus setzt all die Wortgewalt seiner Rhetorik und Ausdruckskraft ein, um diese Philosophen zu diffamieren. Wunderlich dreist seien sie, verlogen, verblödet, hochmütig und stumpfsinnig, da sie glaubten, das höchste Gut, die Glückseligkeit, sei im diesseitigen, sei im endlichen Leben hier unten auf der Erde zu finden. Doch der Herr, so Augustinus, kenne ihre Gedanken «und weiß, dass sie nichtig sind».11
Augustinus schildert das Elend irdischen Daseins. All das, was wir als gut empfinden, fällt der Zerstörung anheim. Alle körperlichen Güter werden zu Übeln. Die Gesundheit etwa? Labil. Schönheit und Anmut? Vernichtet. Die Kraft? Ermattet. Der Körper? Versteift. Die Glieder? Gelähmt, verstümmelt, zitternd. Das Rückgrat? Gekrümmt. Der Mensch? Ein Vierfüßler jetzt, kriechend im Elend. Des Geistes «angeborene Güter»? Blind sind jetzt die Augen, taub die Ohren, verrückt der Verstand, ergriffen von Dämonen. Und was tun die Heidenphilosophen? Sie entwickeln, so Augustinus entrüstet, Tugenden und lehren Mäßigung, Klugheit, Gerechtigkeit und Mut, um mit all diesen Gebrechen umzugehen. Doch nicht nur das, sie empfehlen sogar den «Selbstmord»: