Читать книгу Wenn Sie kein Feigling sind, Herr Pfarrer. Werner Kriesi hilft sterben онлайн
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«Mit wunderlicher Dreistigkeit sprechen die stoischen Philosophen diesen Übeln die Eigenschaft von Übeln ab, da sie doch im selben Atemzug behaupten, der Weise werde, wenn sie so überhandnähmen, dass er sie nicht ertragen könne oder dürfe, zum Selbstmord und zum Scheiden aus diesem Leben genötigt.»
Die entscheidende Frage ist: Warum soll es nicht dennoch möglich sein, im Rahmen der Conditio humana, der nun mal unabweisbaren Umstände des Menschseins, unserer Fragilität und Sterblichkeit, glücklich und zufrieden zu sein? Und mit Hilfe der vier antiken Tugenden – Gerechtigkeit, Klugheit, Mäßigung und Tapferkeit –, auch die Entscheidung zu fällen, dass der Weg des Freitods der für uns richtige sein kann? Augustinus spottet: «Ei, welch glückliches Leben, das den Tod zu Hilfe ruft, um ein Ende zu finden! Ist es glücklich, so sollte man es doch festhalten!»
Und was rät er selbst? Augustinus ruft zur Geduld auf, zur Hoffnung aufs Himmelreich, aufs Jenseits, «denn wir stecken in Übeln, und die müssen wir geduldig ertragen, bis wir zu jenen Gütern gelangen, wo alles von der Art sein wird, dass wir uns daran unsagbar erfreuen, und nichts von der Art, dass wir es noch ertragen müssten. Solch ein Heil, wie es in der künftigen Welt eintreten wird, wird zugleich die vollendete Glückseligkeit sein.»