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Dass man gemeinsam Zeitung lesen könnte, kam ihm nicht in den Sinn. Da schrieben Männer für Männer über Dinge, die Frauen nicht interessieren. Wie seine Eltern hatte auch mein Vater zeitlebens die Neue Zürcher Zeitung abonniert. In den letzten beiden Dekaden vor seinem Tod publizierte er darin hin und wieder Artikel, in denen er Israels Politik und das Recht auf einen selbstbestimmten Tod verteidigte, die Sterbehilfe. Beide Themen lagen ihm am Herzen, für beide setzte er sich leidenschaftlich ein.

Nach seinem Jurastudium schrieb er als freier Mitarbeiter für die National-Zeitung. Auf seine Initiative hin war er für dieses Blatt 1961 nach Jerusalem gereist, um über den Eichmann-Prozess zu berichten. In diesen drei Monaten lernte er meine Mutter ken­nen. Sechs Jahre später, im Februar 1967, bestieg sie in Tel Aviv das Flugzeug nach Zürich. Im Frühling darauf heirateten die beiden.

Als Publizist und Anwalt engagierte sich mein Vater in den Sechzigerjahren für den Lärmschutz, für ein nationales Nachtflugverbot. Er selbst reagierte sehr empfindlich auf Lärm, wie meine Mutter und leider auch ich. Ohne die rosafarbenen Wachskugeln, die er sich in beide Ohren stopfte, machte er kein Auge zu, nirgends. Kein Lärmproblem, das sich nicht lösen lässt, das war seine Maxime. In den Nächten, in denen er allein in seinem Einzelbett lag, las er mehrere Bücher gleichzeitig, Romane und Sachbücher, auf seinem Nachttisch lagen Philip Roth, Alfred Andersch oder Dostojewski. Vielleicht noch bedeutungsvoller als Literatur war für ihn die klassische Musik. Seine Mutter hatte als junge Frau das Klavier- und Cellodiplom erworben, sein Vater hatte Bratsche gespielt. Als junger Mann spielte mein Vater Cello. Er wollte Berufsmusiker werden, bis ihn eine Entzündung am Handgelenk dazu zwang, das Konservatorium zu verlassen.

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