Читать книгу Die Unbeirrbare. Wie Gertrud Heinzelmann den Papst und die Schweiz das Fürchten lehrte онлайн
42 страница из 60
Ebenso prägend wie das «Dröhtli» ist in Gertrud Heinzelmanns Jugend die katholische Kirche. Pompöse Kirchenfeste und fromme Volksbräuche prägen ihre Schulzeit. Das Doktorhaus steht in Boswil am Kirchweg, wo die Prozessionen vorüberziehen, und wenn die Großtante mit ihren Nichten Einkäufe tätigt, kommen sie auf ihrem Weg an Bildstöcken und Kruzifixen vorbei. Im Merceriegeschäft, das von zwei Schwestern geführt wird, begutachtet Salesia mit der einen Ladenbesitzerin das Angebot an Stricknadeln, während die andere den Mädchen das kostbarste und selbstverständlich unverkäufliche Stück zeigt: ein langer Metallnagel, der einst im blutigen Fleisch des Gekreuzigten gesteckt haben soll. In ihrem «kindlichen Gemüt», so Gertrud Heinzelmann, habe dieser Nagel einen «unauslöschbaren Eindruck»13 hinterlassen. In Wohlen besucht die Mutter mit ihren Töchtern die Messe, in der an hohen Feiertagen ein Schauspiel geboten wird. An Karsamstagen stehen in der Kirche Felskulissen mit einer Grabnische, und hinter Glaskugeln, die mit gefärbtem Wasser gefüllt sind, brennen Kerzen. Dank Theaterbühnentechnik verschwindet während der Messe Christus mit Getöse in der Grabnische und erscheint wieder von der Kirchendecke hängend als Auferstandener.