Читать книгу Zorn und Freundschaft. Max Frisch 1911-1991 онлайн
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Wenige Monate zuvor war Dürrenmatt gestorben – mit Max Frischs Tod ging eine Epoche der Schweizer Literatur zu Ende. Die Nachrufe waren zahlreich und kontrovers. Doch bald schon wurde es still um Frisch. Die Taschenbuchausgabe seiner Gesammelten Werke verschwand aus dem Handel, seine politischen Mahnungen gerieten in Vergessenheit. Max Frisch ein Unzeitgemäßer?
Jonas und sein Veteran
Als Dramaturg der Uraufführung von Frischs letztem Theaterstück Jonas und sein Veteran am 19. Oktober 1989 am Schauspielhaus Zürich und am Théâtre Vidy, Lausanne (Regie Benno Besson), führte ich ab Sommer 1989 zahlreiche Gespräche mit Max Frisch: Gespräche über das Stück und seine Themen, das heißt über den moralischen Zustand der Schweiz, über Sinn und Unsinn ihrer Armee, über die Zukunft des Landes. Diese Gespräche fanden eine zwanglose Fortsetzung bis wenige Tage vor seinem Tod. Vom Sterben sprach er selten, obschon er wußte, daß es kurz bevorstand. Und wenn, dann nur in Randbemerkungen: »Man bekommt ein ganz anderes Verhältnis zur Zeit«, oder: »Ich warte jeden Tag auf die Schmerzen, dann kommt das Morphium und dann …« Statt des Wortes die italienische Geste für va via. Aber auch gallenbittere Sätze haften in der Erinnerung: »Heute ist dieses Land zum Davonlaufen. Ich möchte eine Million abheben und verschwinden. Es liegt nicht an der Million, aber ich kann nicht mehr laufen.«3