Читать книгу Zorn und Freundschaft. Max Frisch 1911-1991 онлайн

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Ich las die Texte, einem Vorschlag Rolf Kiesers folgend,1 als ein einziges, großes Tagebuch im Sinne der Tagebücher Frischs, wobei ich die »Dorfschnüffelattitüden« zu vermeiden suchte. Den Schlüssel zu dieser Form der Lektüre gab Frisch selbst an die Hand: »Geben Sie jemand die Chance zu fabulieren, zu erzählen, was er sich vorstellen kann, seine Erfindungen erscheinen vorerst beliebig, ihre Mannigfaltigkeit unabsehbar; je länger wir ihm zuhören, umso erkennbarer wird das Erlebnismuster, das er umschreibt und zwar unbewußt, denn er selbst kennt es nicht, bevor er fabuliert«, hieß es 1964 in Ich schreibe für Leser.

Meine »biographische« Lektüre der wichtigsten Texte Frischs versucht also nicht herauszufinden, welche biographische mit welcher literarischen Figur, welche Lebensepisoden mit welchen Geschichten, welche biographischen Pikanterien mit welchen literarischen Anspielungen gemeint sein könnten. Ich las die Texte in erster Linie vor ihrem historisch-biographischen Hintergrund auf ihre Erfahrungsmuster hin.2 Die Leitfrage hieß stets: Warum schrieb Frisch in dieser Situation diesen Text in dieser Form? Dabei zeigten sich interessante Zusammenhänge. Zum Beispiel spielte Frisch in seinen Texten immer wieder Probleme seiner jeweiligen Lebenssituationen literarisch durch und versuchte sie anschließend gemäß dem literarischen Befund auch im Leben praktisch zu bewältigen. Literatur als Probehandeln, sozusagen.

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